Wien - Die erste Etappe der Steuerreform wird laut ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll Anfang 2004 kommen. Eine große Tarifreform werde es aber nicht geben, diese sei schon immer frühestens für die zweite Etappe der Steuerreform geplant gewesen, so Stummvoll am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Über Inhalt und Ausmaß zum jetzigen Zeitpunkt zu reden sei "unseriös". Der Termin Anfang 2004 für die erste Etappe bedeute lediglich eine Verschiebung um ein halbes Jahr, denn ursprünglich sei das Inkraftreten der Steuerreform für 1. Juli 2003 vorgesehen gewesen. Er persönlich verstehe "das ganze Theater" nicht. Vorrang hätten jetzt Hochwasseropfer und Arbeitsplätze. Dies finde nicht nur die Zustimmung einer breiten Mehrheit der Bevölkerung, sondern stehe auch in breitem Einklang mit den Wirtschaftsforschern. Für das Budget 2003 sei nur "sicher, dass alles unsicher ist". Unsicher seien die Konjunkturprognosen der Wirtschaftsforscher, die Bandbreite von 1,0 bis 2,0 Prozent erwartetem Wachstum laut Wifo-Gutachten klaffe so weit auseinander wie schon lange nicht mehr. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor seien die Schäden aus der Hochwasserkatastrophe, die Schätzungen über ihre Höhe schwankten zwischen 5 und 7,5 Mrd. Euro. "Arbeitsplätze haben Vorrang" Das Steuerpaket für die Entlastung der Hochwasseropfer, das im September im Parlament beschlossen werden soll, umfasse rund 400 Mill. Euro. Zusammen mit der Fortschreibung des Konjunkturbelebungspakets würde dies eine Summe von 500 bis 700 Mill. Euro ausmachen. Die Kosten der Steuerreform für ein halbes Jahr hätten in etwa dieser Summe entsprochen, so Stummvoll. Absoluten Vorrang hätten die Arbeitsplätze. Allein in Niederösterreich seien rund 10.000 Arbeitsplätze gefährdet. Wichtig sei eine Entlastung der Betrieb, wobei es für Stummvoll sekundär ist, ob dies über steuerliche Maßnahmen oder Lohnnebenkostensenkungen erfolge. Viele Unternehmen stünden vor der Entscheidung, ob sie ihren Betrieb neu aufbauten oder nicht. Zudem drohten auch Standortverlagerungen etwa nach Tschechien: Unternehmen, die bereits über einen Betriebsstätte in Tschechien verfügen, überlegten, ob sie nicht auch die bisherigen österreichischen Teile dorthin verlegen sollen. Senkung der Lohnnebenkosten nicht vom Tisch Offenbar noch nicht vom Tisch ist eine Senkung der Lohnnebenkosten. Im Gegensatz zu Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sieht Stummvoll noch nicht alle Türen zugeschlagen. Spielraum gebe es dabei bei den Beiträgen zur Unfallversicherung. Darüber werde es Gespräche geben. Beim Insolvenzentgeltsicherungsfonds müsse man jedenfalls noch abwarten, ob es durch die Hochwasserkatastrophe nicht zu einem Anstieg der Insolvenzen komme. Bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung sieht Stummvoll dagegen keine Chance, heuer müssten aus dem Budget rund 500 Mill. Euro abgedeckt werden. Stummvoll sprach sich allerdings für ein Gesamtpaket bei den Lohnnebenkosten aus. Ziel sei es, den Betrieben zu helfen, ob dies allerdings durch eine Senkung der Beiträge zu Unfallversicherung zu erreichen sei, "wage ich zu bezweifeln", sagte der ÖVP-Finanzsprecher. Beim Budgetdefizit hält Stummvoll für heuer 1 bis 1,5 Prozent des BIP für möglich. Einen Bruch mit den Regierungsplänen sieht er dadurch allerdings nicht. Ziel könne nicht sein, dass Jahr für Jahr Bund, Länder und Gemeinden zusammen 0,0 Prozent erzielten, sondern dass der Haushalt über den Konjunkturzyklus ausgeglichen ist. Überschüsse in guten Jahren sollten für schwieriger Zeiten herangezogen werden. Unter den vorigen Regierungen habe es dagegen jedes Jahr ein Defizit gegeben. "Sehr ehrgeizig" sei das Ziel, bis 2010 die Abgabenquote von 45,9 Prozent im Vorjahr auf 40 Prozent zu senken. Allerdings werde es bereits heuer wegen des Entfalls der vorjährigen hohen Vorauszahlungen der Betriebe zu einem Rückgang um einen Prozentpunkt kommen. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures kritisierte in einer Aussendung, dass Stummvoll zugegeben habe, dass die Diskussion über Hilfe für Hochwasseropfer dazu missbraucht worden sei, um von den gebrochenen Wahlversprechen und dem politischen Scheitern der ÖVP abzulenken. Die ÖVP habe niemals vorgehabt, 2003 eine spürbare Steuerreform durchzuführen. (APA)