Sozialminister Herbert Haupt, im Zivilberuf Veterinärmediziner, ordiniert gerade als "Präventionsmediziner", zumindest nach seinem Selbstverständnis. Seine ganze Fürsorge lässt er der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) angedeihen. Jüngste prophylaktische Maßnahme: Haupt schrieb all jene PVA-Mitarbeiter zur Fahndung aus, die im letzten Jahr länger als drei Wochen im Krankenstand waren - "zu ihrem eigenen Schutz", so der selbst ernannte Schutzpatron gesundheitlich schwächelnder Versicherungsmitarbeiter. Er wolle sie nur vor der Abschiebung in die Frühpension retten und bei der Gelegenheit gleich "missbräuchliche Krankenstände" aufdecken.Das geplante Outing jener, die die ominöse Dreiwochengrenze überschritten haben, ist nicht nur datenschutzrechtlich unzulässig, sondern eine völlig willkürlich Selektion. Genauso gut hätte Haupt alle Blonden oder über 50-Jährigen oder Kärntner in der PVA unter den Generalverdacht missbräuchlicher Krankenstände stellen können. Haupts offizielle Begründung steht auf tönernen Beinen. Die eigentliche Motivlage lässt sich aus dem parteipolitischen Hintergrund ableiten. Im Bereich der Sozialversicherung agiert Haupt notorisch als FPÖ-Politiker und nicht als Sozialminister. Das Grundproblem ist die Hassliebe der Freiheitlichen zur selbst verwalteten Sozialversicherung, in die sie erst mühsam - siehe Leider-nicht-Vizegeneraldirektor Reinhart Gaugg - ihre Parteigänger entsenden müssen. Auf dem Weg dorthin wird unablässig über vermeintliche "Privilegien" spekuliert. Jörg Haider und zuletzt Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer nennen die Sozialversicherung gebetsmühlenartig als Privilegienhort - allein, die Beweise sind bis jetzt nicht erbracht. Haupt scheint sich als willfähriger Erfüllungsgehilfe zu betätigen und will offenbar - unter Überschreiten seiner Kompetenz als Aufsichtsbehörde - zweckdienliche Hinweise für seine Partei beschaffen. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 30.8.2002)