Europa
Berlusconi plant trotz hohem Defizit Steuersenkung ab 2003
Von Steuerentlastung sollen niedrigere Einkommensstufen profitieren
Rom - Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hält
an seinem Vorhaben fest, im kommenden Jahr den Steuerdruck zu senken.
Nach einem zweiwöchigen Urlaub in seiner Villa an der Costa Smeralda
(Sardinien) bestätigte am Freitag der italienische Ministerpräsident
den Teilnehmern eines politischen Seminars in der mittelitalienischen
Stadt Gubbio in Umbrien, dass er ab 1. Jänner 2003 eine
Steuerentlastung für niedrige Einkommensstufen bis zu 25.000 Euro
plane. Berlusconi dementierte somit Gerüchte, denen zufolge er die im
Wahlkampf 2001 versprochene Steuerreduzierung wegen des hohen
Defizits und des flauen Wirtschaftswachstums verschieben könnte. Berlusconi zeigte sich über die Leistungen seines Kabinetts "sehr
zufrieden". "Wir haben trotz der schwierigen Konjunktur und einer
destruktiven Opposition alle unsere Vorhaben durchgesetzt", so der
Ministerpräsident, der für Freitag auch die erste Ministerratsitzung
nach der Sommerpause einberufen hat.
Gegenmaßnahmen
Bei allem Optimismus steht Berlusconi aber nun keine einfache
Phase bevor. Das niedrige Wirtschaftswachstum macht ihm zu schaffen,
die Konsumenten setzen ihn wegen der zunehmenden Inflation unter
Druck, während die Opposition mit scharfem Widerstand gegen seine
Reformen im Bereich Justiz, Schul- und Gesundheitswesen droht. Auch
der Gewerkschaftsverband CGIL gräbt wieder das Kriegsbeil gegen die
umstrittene Reform des Artikels 18 und die Maßnahmen zur
Flexibilisierung des Arbeitsmarkts aus, die der Regierungschef im
Juni im Rahmen des "Pakts für Italien" über die Bühne gebracht hat.
Berlusconi ist daher zu Gegenmaßnahmen gezwungen: Mit den
Koalitionspartnern will er in Kürze über die Grundlinien des
Haushaltsgesetzes 2003 beraten, mit dem er das Defizit auf die vom
Stabilitätspakt vorgesehenen 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
(BIP) drücken will. Privatisierungen und Einsparungen in der
öffentlichen Verwaltung sind einige dieser Schwerpunkte.
"Mediale Offensive"
Der Ministerpräsident will auch seine Vertrauensmänner bei einem
Gipfel der Parteichefs seiner Mitte-Rechts-Koalition zu einer
"medialen Offensive" auffordern. Ziel sei es, den Italienern die
bisherigen Resultate der Regierungsarbeit vor Augen zu führen und die
angebliche "Desinformationkampagne" der Linken in Schranken zu
halten. Diese verliere keine Gelegenheit, die Regierung unter Druck
zu setzen, beklagte sich der Ministerpräsident.
"Die italienische Linke ist immer noch nicht demokratisch",
betonte Berlusconi. Er unterstrich, dass er 1993/1994 mit seiner
Partei Forza Italia in die Politik eingestiegen sei, um zu vermeiden,
dass Italien in die Hände einer Linken geraten könne, die wegen ihrer
kommunistischen Vergangenheit noch nicht als "demokratisch"
bezeichnet werden könne. Die Worte Berlusconis lösten bei der
Opposition erwartungsgemäß heftige Polemik aus. In Rom ist in jedem
Fall mit einem heißen politischen Herbst zu rechnen. (APA)