Irak
Türkei verstärkt Präsenz im Nordirak
Chef der irakischen Kurdenpartei fordert Truppenabzug
Istanbul - Die türkische Armee hat ihre Präsenz im
Nordirak nach Angaben der irakischen Kurdenpartei KDP (Demokratische
Partei Kurdistans) verstärkt. Das Militär sei derzeit mit zwei
Dutzend Panzern sowie Bodentruppen und Hubschraubern in der Region um
Bamemi präsent, sagte KDP-Chef Massud Barzani am Freitag dem
US-Radiosender NPR laut Angaben der türkischen halbamtlichen
Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi (AA). Er forderte den
unverzüglichen Abzug der Armee. Der nordirakische Kurdenführer Jalal Talabani erklärte unterdessen
laut Presseberichten vom Freitag, die USA hätten zugesichert, dass
die Türkei sich an einem US-Militäreinsatz gegen den Irak nicht
beteiligen werde. Die Türkei als einziger moslemischer NATO-Staat
lehnt die Pläne von US-Präsident George W. Bush zum Sturz des
irakischen Präsidenten Saddam Hussein ab.
Die Türkei hat die nordirakischen Kurdenführer sehr energisch vor
allen Aktionen gewarnt, durch welche die territoriale Integrität des
irakischen Staates gefährdet werden könnte. Jeder Verstoß gegen die
Prinzipien der Unversehrtheit der staatlichen Einheit des Irak in den
völkerrechtlichen Grenzen würde die ganze Region gefährlich
destabilisieren, erklärte der türkische Staatspräsident Ahmet Necdet
Sezer. Zugleich forderte er die irakischen Kurdenorganisationen auf,
sie sollten nicht "die konstruktive Haltung vergessen, die die Türkei
ihnen gegenüber eingenommen hat".
Der Nordirak ist seit dem Ende des Golfkriegs 1991 der Kontrolle
der Regierung in Bagdad entzogen. Die Provinzen Arbil, Suleimaniya
und Dohuk werden von der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) von
Massud Barzani und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) von Jalal
Talabani kontrolliert. Die PUK beherrscht den östlichen Teil an der
Grenze zum Iran, die KDP das Grenzgebiet zur Türkei. Das Gebiet
spielt bei den Überlegungen amerikanischer Militärplaner für einen
möglichen Angriff auf den Irak eine große Rolle. Barzanis KDP hatte
mit dem türkischen Militär bei der Bekämpfung der Kurdischen
Arbeiterpartei (PKK) kooperiert.
Verteidigungsminister Sabahattin Cakmakoglu hatte in der
vergangenen Woche erklärt, die Türkei werde sich mit allen ihr zur
Verfügung stehenden Mitteln einer Kurdensezession im Nordirak
widersetzen. Das Gebiet sei der Türkei nach dem Ersten Weltkrieg von
den Westmächten "gewaltsam entrissen" worden, sagte der Minister
unter Bezugnahme auf das seinerzeitige britische Völkerbundmandat.
(Die Briten entließen den Irak 1932 in die Unabhängigkeit). Einen "in
Kirkuk oder Mossul gegründeten Staat" werde die Türkei niemals
hinnehmen, betonte Cakmakoglu.
Der Generalstab hatte der Regierung schon vor Wochen eine
detaillierte Analyse der türkischen Optionen für den Kriegsfall
unterbreitet. Mit der Entsendung von 12.000 eigenen Soldaten in den
Nordirak und einem Aufgebot von weiteren 80.000 Mann im Grenzgebiet
will der Generalstab demnach bei einem US-Angriff auf Bagdad die
türkischen Interessen in der Region sichern. (APA)