Wien - Ende April wurden drei hochrangige Wiener Beamte der früheren Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (EDOK) unter dem Verdacht des Amtsmissbrauchs und der Begünstigung eines mutmaßlichen Mafia-Paten festgenommen. Am kommenden Donnerstag muss sich das Trio vor einem Schöffensenat im Wiener Landesgericht verantworten. Die Verhandlung gegen Oberstleutnant Josef B., Chefinspektor Josef H. und Thomas S. wird Richterin Eva-Maria Seidl leiten. Prominente Anwälte Die Richterin ist bereits in Zusammenhang mit spektakulären Verfahren bekannt geworden: Sie war Vorsitzende jenes Schöffensenats, der im März 2000 den ehemaligen FPÖ-Politiker Peter Rosenstingl wegen schweren Betrugs und Untreue zu sieben Jahren Haft verurteilt hat. Auch auf der Verteidigerbank sind bekannte Anwälte zu erwarten, werden die Beamten doch von Farid Rifaat, Alfred Boran und Rudolf Mayer vertreten. Als Privatbeteiligtenvertreter ist Peter Philipp vorgesehen. Pate der Ost-Mafia und "Vertrauensmann" der EDOK Ausgehend von den Anklagepunkten ist ein spannendes Verfahren zu erwarten. So haben Josef B. und Thomas S. im Mai 2001 laut Staatsanwaltschaft einen FBI-Agenten kontaktiert, um Jeremiasz B. - er wurde bis 2001 als "Vertrauensmann" der EDOK geführt, lukrierte sogar Honorare, gilt dabei aber als mutmaßlicher Pate der Ost-Mafia - dem drohenden Zugriff seitens ermittelnder Kollegen zu entziehen. Verdacht auf Mordauftrag auf polnischen Minister Jacek Debcski Jeremiasz B. steht im Verdacht, den Mordanschlag auf den früheren polnischen Sportminister Jacek Debcski in Auftrag gegeben zu haben sowie für ein Attentat auf die "Gamma"-Bar in Warschau verantwortlich zu sein, das fünf Menschenleben gekostet hat. Die mit den Erhebungen gegen den in Niederösterreich wohnhaften, angeblich auch im Auto- und Suchtgiftschmuggel tätigen Mann betraute Kriminalabteilung Niederösterreich hatte dafür sogar eine Sondereinheit gebildet. NAme nicht mehr geschützt Während diese Beamten gegen B. vorgingen - im August 2001 wurde er verhaftet - sprachen Josef B. und Thomas S. am 17. Mai 2001 den FBI-Verbindungsmann Paul C. in der Wiener Innenstadt darauf an, ob man B. nicht "für ein Jahr aus dem Verkehr ziehen könne", heißt es in der Anklage. Er sei in Österreich nämlich nicht mehr geschützt, gaben die Mafia-Jäger der Staatsanwaltschaft zufolge vor. Sie sollen demnach beabsichtigt haben, Jeremiasz B. in den USA einzuschleusen. Ausser Land bringen gescheitert Der FBI-Mann hielt Rücksprache mit seinem Vorgesetzten und bestellte den Beamten, dafür sei "eine Entscheidung des österreichischen Ministeriums" nötig. Der "verkabelte" Josef B. gab darauf laut Überwachungsprotokoll an, er habe "mit der offiziellen Variante ein Problem". Das Vorhaben, B. außer Landes zu bringen, war somit gescheitert. Personenschutz Schon im Februar 1999 sollen die Beschuldigten von deutschen Beamten konkrete Verdachtsmomente geliefert bekommen haben, Jeremiasz B. stecke hinter dem Mordanschlag auf die "Gamma"-Bar. Der Vorwurf der Anklagebehörde mutet in diesem Zusammenhang schier unglaublich an: Anstatt diese Informationen nach Österreich weiterzuleiten bzw. entsprechend zu bearbeiten, sollen die Wiener Mafia-Fahnder Personenschutz für "ihren" V-Mann angefordert und versucht haben, ihn im Zeugenschutzprogramm des Innenministeriums unterzubringen. Ermittlungsschritte tätigten sie demnach keine. Daneben geht es auch um andere Anklagepunkte: So werden laut Anwalt Farid Rifaat seinem Mandanten Josef H. Rufdatenrückerfassungen vorgeworfen, die er ohne Gerichtsbeschluss durch geführt haben soll. In der Hauptsache gehe es allerdings um die Angelegenheit mit Jeremiasz B., die seinen Klienten nicht betreffe, sagte der Advokat. Für das Verfahren sind zunächst zwei Verhandlungstage anberaumt - neben dem Donnerstag auch der Freitag. Das Verfahren werde dann aber sicher nicht zu Ende sein, so Seidl.(APA)