Europa
Helmut Kohl: Euro-Volksabstimmung wäre zum Fiasko geworden
Nach Ansicht des deutschen Altbundeskanzler wäre eine Wahl in Deutschland eindeutig negativ ausgegangen...
Salzburg/Wien - Eine Volksabstimmung über die
Euro-Einführung in Deutschland wäre nach Ansicht von Altbundeskanzler
Helmut Kohl eindeutig negativ ausgegangen. "Es ist ja kein
Staatsgeheimnis, wir hatten keine Mehrheit für den Euro. Wenn ich
mich ins Getümmel geworfen hätte, wir hätten eine Volksabstimmung
bekommen und hätten wahrscheinlich in der Größenordnung 3:7 verloren.
Es waren wenige, die dafür eingetreten sind", sagte der ehemalige
deutsche Regierungschef in einem Interview für die "Salzburger
Nachrichten" "Es war ja auch in Frankreich die Abstimmung ganz knapp. Es war
eine für Franzosen nahezu nicht vorstellbare Sache, dass der
Präsident der Republik den deutschen Bundeskanzler einlädt, mit ihm
ins französische Fernsehen zu gehen und den französischen Wählern und
Bürgern zu sagen: Ihr müsst für die gemeinsame Währung stimmen. Da
sehen sie die eigentliche dramatische Veränderung in Europa. Wenige
Jahre vorher wäre das noch als völlig absurd, als verräterisch und
was weiß ich gesehen worden", bemerkte Kohl. Der "Zug Europa" stehe
jetzt auf dem Gleis. "Ob die Lokomotive nun mal schneller oder mal
langsamer fährt, das ist nicht so wichtig. Entscheidend ist, es gibt
kein Zurück."
Die politische Einigung Europas dauere länger als die ökonomische,
betonte der Altkanzler: "Der Gewöhnungsprozess ist noch intensiver.
Wenn wir gewartet hätten mit der ökonomischen Einigung, mit der
Einführung des Euro als gemeinsame Währung, bis die politische
Einigung gekommen wäre, bin ich überhaupt nicht sicher, ob die
politische Einigung dann gekommen wäre."
Die Sanktionen der EU-14 nach dem Regierungseintritt der FPÖ
nannte Kohl in dem Interview "eine lebensgefährliche Dummheit, die
eigentlich nicht zu verzeihen ist". "Ich bin kein Sympathisant von
Herrn Haider, aber das war doch absurd. (...) Es zeigt sich so eine
Überheblichkeit der größeren Länder in der EU. Und (der verstorbene
französische Präsident Francois) Mitterrand und ich haben immer laut
und deutlich ein gemeinsames Prinzip verkündet: In der EU hat jeder
eine Stimme. Das ist ganz existenziell, dass das so bleibt. Man kann
in der EU doch nicht nach dem Motto verfahren, die einen haben mehr
Einwohner, sind wirtschaftlich stärker als die anderen. Das Prinzip
muss heißen: Im Haus Europa gilt die Qualität und nicht die
Quantität. Es kommt ja nicht darauf an, ob das Land sieben oder acht
Millionen Einwohner hat, aber in der Geschichte Europas ist
Österreich ein wichtiger Teil. Österreich ist eine kulturelle
Weltmacht, um das einmal ganz einfach zu sagen." (APA)