Pakistan: Todesurteil gegen sechs Männer wegen Vergewaltigung
Alle zwei Stunden wird eine Frau vergewaltigt
Redaktion
,
Dera Ghazi Khan - Ein pakistanisches
Gericht hat am Sonntag sechs Männer wegen der Vergewaltigung
einer Frau zum Tode verurteilt. Die Tat soll auf Anweisung eines
Dorfgerichts begangen worden sein.
Acht weitere Angeklagte seien von dem Anti-Terror-Gericht in
Dera Ghazi Khan freigesprochen worden, sagte Verteidiger
Mohammad Yaqub der Nachrichtenagentur Reuters. Die Tat hatte
sich in einer abgelegenen Region der Provinz Punjab ereignet.
Das Opfer, eine 30-jährige Frau, war nicht im Gerichtssaal
anwesend, als das Urteil unter hohen Sicherheitsvorkehrungen
verkündet wurde. Sie hatte am Freitag erklärt, Angehörige ihrer
Familie seien mit dem Tode bedroht worden, falls die Angeklagten
verurteilt würden.
Weit verbreitete Praxis
Der Fall hat in Pakistan großes Aufsehen erregt, wirft er
doch ein Licht auf eine in Teilen Pakistans noch verbreitete
Praxis, Frauen als Bestrafung von Familien zu vergewaltigen oder
zur Wiederherstellung der Familienehre zu töten. Die
pakistanische Menschenrechtskommission schätzt, dass es eine
hohe Dunkelziffer gibt. Alle zwei Stunden werde eine Frau
vergewaltigt. Vor allem in der Provinz Punjab seien
Gruppenvergewaltigungen nicht selten.
Die 30-jährige Mukhtaran Mai hatte ausgesagt, sie sei
vergewaltigt worden, als sie vor einem Dorfgericht wegen eines
Familienstreits erschienen war. Die Frau aus der Gujar-Familie
berichtete, sie habe vor dem Dorfgericht um die Freilassung
ihres jüngeren Bruders gebeten, der von Mitgliedern der
einflussreichen und sozial höher stehenden Mastoi-Familie
entführt worden sei, weil er ein unerlaubtes Verhältnis mit
einem Mädchen dieser Familie gehabt haben soll.
Nach Angaben der Gujar-Familie hat der junge Mann den
Vorwurf bestritten, Mai sei aber trotzdem von Angehörigen der
Mastoi-Familie vergewaltigt worden.
Um die Ehre der Mastois wieder herzustellen sei wohl
erwartet worden, dass der junge Mann die Frau, mit der er ein
Verhältnis gehabt haben soll, heiratet. Außerdem sollte Mai mit
einem Mastoi-Mann verheiratet werden. Sie bat vor dem
Dorfgericht um Gnade, wurde aber nach Angaben der
Staatsanwaltschaft zu einer weit schwereren Strafe verurteilt:
Vier Männer vergewaltigten sie und schickten sie schließlich
halbnackt vor den Augen Hunderter Menschen durch die Straßen.
Nach Angaben der Verteidigung soll eine Vergewaltigung nicht von
dem Dorfgericht angeordnet worden sein.
Verhandelt wurde der Fall vor einem Anti-Terrorismus-
Gericht. Diese Gerichte wurden 1997 ins Leben gerufen, um über
besonders abscheuliche Verbrechen zu urteilen. Sie verhandeln
hinter verschlossenen Türen und meist in sehr kurzen Verfahren.
Von Menschenrechtsgruppen werden sie kritisch betrachtet, weil
sie ihren Angaben zufolge politischen Druck unterliegen könnten. (Reuters)
Forum:
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.