Europa
Streit um Streichung einer Berlusconi-kritischen TV-Polit-Show
Italienische Journalistengewerkschaft geht auf die Barrikaden
Rom - Die italienische Journalistengewerkschaft hat das
Kriegsbeil gegen den Beschluss des Staatsfernsehens RAI ausgegraben,
die bekannte Polit-Show "Sciuscia" mit dem Starjournalisten Michele
Santoro aus dem Programm zu streichen. Santoro hatte in den
vergangenen Monaten wiederholt Kritik an Ministerpräsident Silvio
Berlusconi geübt. RAI-Chef Antonio Baldassarre hatte die Streichung
der Sendung mit den hohen Kosten des Programms gerechtfertigt, die
sich das Staatsfernsehen in dieser Phase strenger Sparpolitik nicht
leisten könne. Die italienische Journalistengewerkschaft sprach von einem
"gefährlichen Präzedenzfall". Berlusconi hatte Santoro bereits
mehrmals vorgeworfen, seinen Einfluss in dem öffentlich-rechtlichen
Sender für eigene politische Zwecke zu missbrauchen. Santoros
Sendungen hätte ihm bei den Wahlen im Vorjahr Millionen Stimmen
gekostet, hatte Berlusconi behauptet.
Regimeähnliche Regierung
"Berlusconis Regierung ähnelt immer mehr einem Regime", betonten
Sprecher der Mitte-Links-Allianz, die von einem "gravierenden
Anschlag auf die Meinungsfreiheit in Italien" sprachen.
Intellektuelle, Parlamentarier und Journalisten starteten eine
Unterschriftensammlung, um Santoro ihre Solidarität zu bekunden.
Der Starjournalist zeigte sich bereit, gratis für seine Sendung zu
arbeiten. "Wenn es eine Frage des Geldes ist, wie RAI behauptet, bin
ich bereit, ohne Gehalt zu arbeiten. "'Sciuscia' kostet pro Sendung
180.000 Euro, bringt aber 300.000 Euro an Werbeeinnahmen ein, da das
Programm sehr hohe Einschaltquoten hat", sagte Santoro. (APA)