Der Konkurs des vor rund einem Jahr in die Pleite
geschlitterten Wiener Softwarehauses YLine ist nun endgültig ein
"Fall von den Staatsanwalt". Masseverwalter Christof Stapf hat im
Auftrag der YLine-Gläubiger am Montag eine Sachverhaltsdarstellung an
die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt. Diese hat nach eigenen
Angaben bereits Anfang dieses Jahres sicherheitsbehördliche
Vorerhebungen gegen YLine-Chef Werner Böhm eingeleitet.
"Es sind Umsätze
künstlich generiert worden"
In seiner Darstellung bezieht sich der Masseverwalter auf ein
Gutachten des Wirtschaftsprüfers Thomas Keppert. Danach könnten "im
Zusammenhang mit gegenständlicher Insolvenz ... einige unter
Umständen strafrechtlich relevante Handlungen des Vorstandes der
YLine Internet Business Service AG genannt werden". "Es sind Umsätze
künstlich generiert worden, denen kein entsprechender Cash Flow
gegenüber gestanden ist. Das belegt das Gutachten an vielen konkreten
Beispielen", betonte Stapf am Montag gegenüber der APA.
Geld?
YLine sei nie vom Gedanken geleitet gewesen, "Geld zu verdienen",
"sondern vielmehr darauf bedacht gewesen - insbesondere durch die
Aufnahme von Eigenkapital am Kapitalmarkt - eine geeignete
Finanzierung der laufenden Aufwendungen sicherzustellen", so Stapf.
Schon im Juli 2000 habe YLine bereits einen enormen
Liquiditätsengpass gehabt: "Das Hauptkonto der Gesellschaft war Mitte
Juli 2000 bereits mit rund 48,5 Mill. S (3,52 Mill. Euro, Anm.)
negativ. In der Buchhaltung der Gesellschaft wurde dies allerdings
nicht dargestellt." Durch die Neuausgabe von Aktien an der damaligen
Brüsseler Wachstumsbörse EASDAQ (heute: Nasdaq Europe) seien kurz
darauf wieder liquide Mittel in die YLine geflossen, kritisiert das
Gutachten.
Definitive Zahlungsunfähigkeit
"Spätestens mit 31.12.2000" sei YLine aber objektiv überschuldet
gewesen, so der Gutachter, der dem YLine-Vorstand, wie bereits
berichtet, Konkursverschleppung vorwirft: Als Zeitpunkt für die
definitive Zahlungsunfähigkeit nimmt er "Ende Dezember 2000 bis
spätestens Mitte Jänner 2001" an. Tatsächlich wurde der
Insolvenzantrag aber erst gut ein Dreivierteljahr später gestellt.
In diesen Punkten ermittelt auch die Staatsanwaltschaft. Sie prüft
eine mögliche Verletzung des Paragraf 255 des Aktiengesetzes, der die
Verletzung der Informationspflicht des Managements bzw. die
Falschinformation von Aktionären. Dem Vorstand drohen dabei "die
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 360
Tagessätzen".
Weitere Gutachten folgen
Der Masseverwalter hat nun weitere Gutachten in Auftrag gegeben,
die ein noch genaueres Licht auf die Erstellung der Jahresabschlüsse
1999 und 2000 und auf die Bewertung von Sacheinlagen im Vermögen der
YLine werfen sollen. Auch die Verwendung jener Mittel, die der YLine
aus dem Börsegang lukrierte, soll genau geprüft werden. Die
Aufarbeitung der Insolvenz dürfte also noch einige Zeit in Anspruch
nehmen, heißt es in einer Presseinfo des Konkursverwalters.
Laut Keppert-Gutachten hat YLine von der Gründung bis zum Konkurs
auf Basis der vorliegenden Zahlen der YLine-Finanzbuchhaltung
Verluste von 1,2 Mrd. S (87,2 Mill. Euro) angehäuft. Das Unternehmen
war Ende September 2001 in Konkurs gegangen. Nur 16 Tage später hatte
der Masseverwalter die konkursrechtliche Schließung des Unternehmens
beschlossen. (APA)