Welt
Drei bis vier Prozent der ÖsterreicherInnen sind funktionale AnalphabetInnen
Sie haben Schwierigkeiten mit der schriftlichen Bewältigung von Alltagsproblemen
Wien - In Österreich sind laut einer im Vorjahr
veröffentlichten Studie des UNO-Entwicklungsprogramms UNDP weniger
als ein Prozent der Erwachsenen "echte" Analphabeten. Rund drei bis
vier Prozent oder rund 300.000 Personen gelten nach offiziellen
Schätzungen aber als "funktionale" Analphabeten - das heißt, dass
ihre Kenntnisse nicht ausreichen, um schriftsprachliche oder
rechnischerische Aufgaben des beruflichen und privaten Alltags
selbstständig abzuwickeln. Genaues Datenmaterial steht allerdings
nicht zur Verfügung, da Österreich an den jüngsten internationalen
Untersuchungen nicht teilgenommen hat.Studien ...
So hat etwa eine Studie der OECD vor einigen Jahren ergeben, dass
in den Industrieländern mehr als 200 Millionen Menschen vom
funktionalen Analphabetismus betroffen sind. Die Ursachen dafür sind
vielfältig: Häufige Gründe sind Fehlzeiten in den ersten Schuljahren
und ungünstige familiäre Bedingungen, so dass die Kinder meist sich
selbst überlassen werden, keine Hilfe bei den Hausaufgaben finden und
generell keine Leseimpulse erhalten.
Es können aber auch unentdeckte und nicht therapierte
gesundheitliche Störungen dazu führen, dass jemand nicht ausreichend
Lesen oder Schreiben lernt. Für die Betroffenen bedeutet dies
gravierende soziale Konsequenzen, die von Schwierigkeiten in der
Bewältigung des Alltags über Nachteile am Arbeitsmarkt bis zum
Rückzug aus der öffentlichen Kommunikation und der Teilnahme an
demokratischen Bürgerrechten reichen können.
... und ihre Auslegung
Aufschluss über einen Teilbereich des funktionalen Analphabetismus
könne laut Otto Rath, Leiter des Grazer Vereines für innovative
Sozialprojekte (ISOP), auch die im Dezember 2001 veröffentlichte
PISA-Studie über die Lesefähigkeit 15- und 16-jähriger Schüler geben.
Für Österreich wurde dabei festgestellt, dass rund vier Prozent der
abgetesteten Jugendlichen kaum und weitere zehn Prozent nur schlecht
lesen können.
Auch die Zahl von 300.000 funktionalen Analphabeten dürfte zu tief
gegriffen sein, so Rath. Dies liege daran, dass
dieses Phänomen nicht ganz einfach zu beschreiben und immer von den
Anforderungen einer modernen Gesellschaft abhängig sei. So hätten
sich in den vergangenen Jahren die Herausforderungen der
Schriftlichkeit - Stichwort Computer - erhöht. Die offizielle
Schätzung von 300.000 funktionalen Analphabeten stütze sich dagegen
noch auf eine Studie der OECD aus dem Jahr 1990.
Zahl der Analphabeten geht weltweit leicht zurück
Die Zahl der Analphabeten sinkt weltweit seit
den siebziger Jahren langsam, aber kontinuierlich. Für 2000 verbucht
die jüngste UNESCO-Statistik, die nun anlässlich des
Welt-Alphabetisierungstages am 8. September veröffentlicht wurde,
weltweit 862 Millionen Menschen über 15 Jahren, die nicht lesen und
schreiben können. In Prozent sind das 20,3 der Weltbevölkerung. 1995
waren es noch 872 Millionen oder 22,4 Prozent, 1970 847 Millionen
oder 36,6 Prozent.
Der Großteil, rund 600 Millionen, der Analphabeten leben laut
UNESCO-Statistiken in den ärmsten und bevölkerungsreichsten Ländern
der Welt: Ägypten, Bangladesch, Brasilien, China, Indien, Indonesien,
Mexiko, Nigeria oder Pakistan. Nach wie vor gibt es mehr Frauen über
15 (25,8 Prozent) als Männer (14,8 Prozent), die nicht lesen und
schreiben können. 1995 waren 28,5 Prozent der Frauen und 16,4 Prozent
der Männer, 1970 44,6 Prozent der Frauen und 28,5 Prozent der Männer
des Lesens und Schreibens nicht mächtig.
Erfolge in Afrika
Besonders erfolgreich waren die Bildungsbemühungen nach Angaben
der UNESCO-Experten in Afrika, der Anteil an Analphabeten ist von
1995 auf 2000 um 5,4 Prozentpunkte gesunken. Ähnliches gelte für
Asien, ein Minus von 2,8 Prozentpunkte ist in den Statistiken
verbucht. In Afrika wurde erstmals auch eine magische Grenze
unterschritten, 2000 gab es mit 50,8 Prozent erstmals mehr
Afrikanerinnen, die lesen und schreiben konnten, als weibliche
Analphabeten.
Laut UNESCO-Schätzungen wachsen 113 Millionen Kinder weltweit ohne
Schulbildung auf. Auch hier sind mit rund 60 Prozent Mädchen stärker
betroffen als Burschen.
(APA)