Das Thema Werbesteuer erregt einmal mehr die Gemüter. Die Verlagsgruppe News hat dieses Jahr ihre Abgabenzahlungen an die Gemeinde Wien teilweise eingestellt. News-Chef Wolfgang Fellner gibt als Grund für das Zurückhalten der Steuerzahlung die "unklare Rechtssituation" an. Die News-Gruppe möchte eine rechtliche Prüfung. Im Übrigen handle es sich um "keine riesigen Beträge", so Fellner. News-Chef Fellner fordert rechtlich klare Lösungen. "Das derzeitige Chaos ist eine gemeingefährliche Ruinierung des Medienstandortes Österreich, der durch Bundeskanzler Viktor Klima in Kauf genommen wird. Klima hat hoch und heilig versprochen, dass es bis Oktober eine Regelung gibt. Jetzt haben wir November. Ich kann den Politikern nur ein Armutszeugnis überreichen", so Fellner. Grüne gegen "Totalversagen" der Politik Eine Neuregelung der Werbesteuer wollen auch die Wiener Grünen. Die Werbesteuer sollte bundesweit einheitlich geregelt sein und niedriger als bisher ausfallen, so Rathaus-Klubchef Christoph Chorherr. Die derzeitige Situation führt Chorherr auf das "Totalversagen der Wiener und der Bundespolitik" zurück. Er forderte eine Offenlegung, welche Verlage aus welchen Gründen keine oder nur einen Teil der Werbesteuer zahlen. Die Konzerne könnten bei dieser Vorgangsweise "aufgrund ihrer Medienmacht" damit rechnen, anders behandelt zu werden als einfache Staatsbürger, denen sofort der Fiskus ins Haus stehen würde. Außerdem würden die Verlage unterschiedlich behandelt, so der Klubchef der Grünen. Sein Vorwurf an die verantwortlichen Politiker ist als Konsequenz daraus ein doppelter: Erstens werde der Wirtschafts- und Medienstandort gefährdet, und zweitens zeige sich eine "Erpressbarkeit durch die Medienmacht", die sich darin äußere, "dass man einfach zur Kenntnis nimmt, dass Medienkonzerne keine Steuer mehr zahlen". In der vergangenen Gemeinderatssitzung verlangten die Grünen von SPÖ-Stadträtin Brigitte Ederer Aufklärung in der Angelegenheit. "Ich gehe davon aus, dass jedes Unternehmen in der Stadt die Steuern zu zahlen hat, die vorgesehen sind. Da gibt es keine Ausnahmen", reagierte am Dienstag die Wiener SPÖ-Stadträtin Brigitte Ederer. Näher wollte Ederer auf die Causa nicht eingehen. Keine bundesweite Regelung Im Rahmen der Werbesteuer werden Anzeigenabgabe für Werbung in Printmedien und Ankündigungsabgabe für elektronische Medien (TV- oder Radiospots) eingehoben. Die Anzeigenabgabe wird von den Ländern kassiert, die Ankündigungsabgabe von den Gemeinden. Die Steuersätze sind unterschiedlich und schwanken zwischen null und vierzig Prozent, der Durchschnitt liegt bei zehn Prozent. Eine bundesweite Regelung der gesamten Werbesteuer bei einem Satz von fünf Prozent ist vor dem Sommer an Meinungsverschiedenheiten unter den Ländern gescheitert. Das unterschiedliche Niveau der Steuersätze hat dazu geführt, dass zahlreiche Wiener Verlage ihren Sitz in Umlandgemeinden verlegt haben, die keine oder geringere Abgaben verlangen. Beispiel: "profil" erscheint in Perchtoldsdorf, "Format" in Tulln. Geschäftsführung und Redaktionen der beiden Medien sitzen in Wien. Die News-Gruppe habe laut Fellner bisher zum Teil auch in Wien gezahlt. Fellners Einwand: "Wir wollen Gleichbehandlung. Es geht nicht, dass 'profil' keine Abgabe in Wien zahlt. Wer in Wien sitzt, sollte auch hier melden. Wir melden weiter, wir seilen uns sicher nicht von der Anzeigenabgabe ab. Bevor wir zahlen, wollen wir aber eine rechtliche Prüfung." "Chaotische Situation" Alles in allem habe die ganze Angelegenheit nur mit der "chaotischen Situation" um die Werbesteuer zu tun. Nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs im Frühjahr kann nämlich zumindest bei der Ankündigungsabgabe jede Gemeinde Forderungen an die entsprechenden elektronischen Medien stellen - nach dem "Reklamewert" des Gemeindegebietes. Betroffen ist davon vor allem der ORF, der zuletzt mit einer Flut von Forderungen konfrontiert war. Bisher kassierte vom ORF nur die Gemeinde Wien. (APA/red)