Das "einfache Parteigmitglied" kassiert weiterhin Spesenersatz von der Bundespartei - Strutz legt Zahlen offen - SPÖ-Kärnten fordert Rücktritt
Redaktion
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Wien/Klagenfurt - Offenbar wird in der FPÖ jetzt öffentlich "Schmutzwäsche" gewaschen. Diesen Verdacht äußerte zumindest der Kärntner Landesparteichef Martin Strutz angesichts eines "Format"-Berichts, wonach das "einfache Parteimitglied" Jörg Haider auch nach seinem Rückzug als Bundes-Parteichef am 1. Mai 2000 von der Bundes-Partei noch 20 Mill. S (mehr als 1,5 Mill. Euro) an Spesenersatz kassiert habe. Laut einem bisher "geheim gehaltenen" Vertrag dürfe Haider jährlich 8,5 Mill. S (617.700 Euro) verrechnen, berichtet "Format".
Die Tatsache einer solchen Vereinbarung gestand Strutz zwar ein, die Höhe des Betrages bestritt er aber. Und er stellte den Zusammenhang zu den aktuellen Auseinandersetzungen in der Partei her: Die Spesen-Vorwürfe gegen Haider seien "reine Schmutzwäsche, entbehren jeglicher Grundlage und sind vor dem Hintergrund der parteiinternen Diskussion zu sehen." Von wem sie ausgingen, sei in der letzten "Format"-Nummer nachzulesen.
Strutz kritisiert "Format" und legt Zahlen offen
Am Nachmittag konzentrierte sich Strutz mit seiner Kritik auf das "Format". Haider habe an Spesen seit dem Jahr 2000 rund 8,8 Millionen Schilling (rund
640.000 Euro) von der Bundespartei bezogen, teilte Strutz am Donnerstag Nachmittag mit. Bei den
von der Zeitschrift "Format" in ihrer jüngsten Ausgabe
veröffentlichten 20 Mill. S (1,5 Mill. Euro) sei offenbar der Wunsch
der Haider-Gegner in Medien und ihrer "Informanten" der Vater des
Gedankens, so Strutz.
Letzteren gehe es offenbar darum, zu zündeln, anstatt ihre Energie
für eine Lösung der offenen inhaltlichen Fragen einzubringen. "Mit
den Tatsachen jedenfalls haben die Hausnummern in 'Format' nichts zu
tun", stellte Strutz fest. Haider habe nichts zu verbergen. Die
entsprechende Vereinbarung sei zum einen mit den
entscheidungsbefugten Personen und Gremien der Bundespartei getroffen
worden und zum anderen wäre die sachgerechte Verwendung der Mittel
durch den Finanzreferenten und die Gremien geprüft worden.
Die Zahlen
"Um weiteren Spekulationen jede Grundlage zu entziehen legt die
FPÖ-Kärnten die Zahlen offen", teilte Strutz mit. Haider habe von der
FPÖ im Jahr 2000 rund 3,8 Mill. S (276.160 Euro), 2001 rund 2,2 Mill.
S (159.880 Euro) und heuer bisher 2,8 Mill. S (203.480 Euro) bezogen.
Dieser Aufwand beinhalte die Kosten für Einsätze für die Bundespartei
wie etwa die Regierungsverhandlungen, Aktivitäten im Zusammenhang mit
der Arbeit des Koalitionsausschusses, Wahlkampfeinsätze bei den
Landtagswahlen in Wien und der Steiermark, Kosten, die im Zuge von
Kampagnen wie jener zum Kinderscheck oder im Zusammenhang mit
Auftritten bei Veranstaltungen der Bundespartei wie Neujahrstreffen,
Parteikongressen usw.. anfielen. Zu diesen Aufwendungen für Auto,
Nächtigungen, Fahrten und Unterbringungen kämen auch Ausgaben für den
erhöhten Sicherheitsaufwand auf Grund von Drohungen gegen den
Landeshauptmann, sagte der FPÖ-Obmann.
Strutz kündigt rechtliche Schritte an
"Die tatsächlichen Zahlen liegen also weit von den im Format in
Umlauf gebrachten Summen entfernt", stellte Strutz fest. Die
Differenz könnten wohl nur jene erklären, die dieses Zahlenwerk
offenbar in Schädigungsabsicht gegenüber dem Ruf von Haider
fabriziert haben. Strutz kündigte an, rechtliche Schritte einleiten
zu wollen.
Petritz: "Märchengeschichten"
Haiders Sprecher Karl-Heinz Petritz wirft "Format" vor,
"Märchengeschichten" zu verbreiten. Er dementierte energisch,
gegenüber der Zeitschrift deren Zahlen bestätigt zu haben. Der
genannte Betrag sei wesentlich niedriger, die Vereinbarung von
Parteichefin Susanne Riess-Passner vollinhaltlich abgesegnet worden,
dazu Petritz.
Haider selbst hatte am 27. Juni d.J. in der Sitzung des Landtages
im Zusammenhang mit seinen umstrittenen Auslandsreisen erklärt, drei
davon seien von der Bundespartei bezahlt worden. Als Zeuge vor dem
Untersuchungsausschuss wiederum hatte er am 18. Juli angegeben, diese
Reisen "nicht als Landeshauptmann, sondern als FPÖ-Politiker"
unternommen zu haben.
SPÖ-Kärnten: "Unverschämtester Spesenritter"
Der Kärntner SPÖ-Vorsitzende LHStv. Peter Ambrozy warf Haider in
einer Aussendung vor, als "unverschämtester Spesenritter der Nation"
entlarvt worden und als Vertreter des "kleinen Mannes" endgültig
unglaubwürdig zu sein. "Wenn Haider auch nur einen Funken Anstand im
Leib hat, dann nimmt er angesichts dieses Spesenskandals den Hut, in
der FPÖ und auch in Kärnten", stellte Ambrozy fest. Der Kärntner
ÖVP-Obmann Landesrat Georg Wurmitzer wollte den "Format"-Bericht
nicht kommentieren.
Kuntzl: FPÖ ist die Privilegienpartei
"Das Sittenbild der FPÖ als Privilegienpartei verfestigt sich", meinte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl am Donnerstag. Sie bezog sich auf mehrere Berichte des "Format" - und zwar "über 21 Millionen Schilling Spesen für das einfache Parteimitglied Haider, der Sozialfonds entpuppt sich laut 'Format'-Berichterstattung einmal mehr als Schmäh und eine private 750.000-Euro-Investition der FPÖ-Chefin Riess-Passer wird mit dem Abfangjäger-Deal in Zusammenhang gebracht".
Die "Schamlosigkeit, mit der sich die FPÖ aus den Steuertöpfen bedient", sei ungeheuerlich, sagte Kuntzl. "Die Wählertäuschung ist perfekt", so Kuntzl, "von Privilegienabbau, Sparsamkeit, voller Transparenz und parteiinternen Gehaltsobergrenzen von 66.000 Schilling bleibt genau nichts." Es zeige sich einmal mehr: "Die FPÖ sagt das eine und tut das andere."
(APA/red)
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