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Scharfe EU-Kritik: Österreich könnte die angepeilte Arbeitslosenrate von 3,5 Prozent heuer verfehlen.

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Brüssel/Wien - Zur scharfen Kritik der EU an Österreichs Beschäftigungspolitik traf am Freitag die Kommission mit Vertretern der Regierung und der Sozialpartner in Brüssel zu internen Gesprächen zusammen. Der am Donnerstag bekannt gewordene Prüfbericht zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung (NAP) soll dabei weiter diskutiert werden. In dem noch nicht offiziellen Prüfbericht kritisiert die EU, dass Österreich die angepeilte Arbeitslosenrate von 3,5 Prozent im heurigen Jahr verfehlen könnte und "keine zusätzlichen Maßnahmen" ergriffen habe, um die Beschäftigung zu steigern. Angesichts der Konjunkturschwäche soll die Beschäftigungsrate heuer um 0,4 Prozent zurückgehen. Sozialpartnerschaft gefährdet Die Sozialpartnerschaft wird von der EU-Kommission als "traditionelle Stärke der politischen Kultur in Österreich" bezeichnet. "Das Klima zwischen Regierung und Sozialpartnern hat sich aber geändert und zu verschiedenen Kontroversen geführt, die eine künftige Zusammenarbeit verhindern könnten. Dabei ist gerade das der Schlüssel zur Umsetzung der in Lissabon gesetzten Ziele", urteilt die Kommission in ihrer Manöverkritik zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP). Skeptisch steht die EU aus arbeitsmarktpolitischer Sicht auch dem angepeilten Null-Defizit gegenüber. "Die anhaltende Budget-Konsolidierung wird die verfügbaren finanziellen Mittel für die österreichische Arbeitsmarktpolitik limitieren", prognostiziert die Kommission. Pensionsreform Die EU warnt zudem vor möglichen Folgen der Pensionsreform. Vor allem die Altersteilzeit sei gefördert worden. Dies sei jedoch "mehr ein Schema um Frühpensionierungen zu erleichtern als eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme", denn die Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation sind laut Kommission "gering". Die "äußerst niedrige Beschäftigungsrate bei älteren Arbeitnehmern" zeige keine Anzeichen einer Verbesserung. "Österreich könnte mehr Ambitionen zeigen, um den demographischen Entwicklungen und den bestehenden Bildungsunterschieden gerecht zu werden", kritisiert die Kommission. "Trotz einer Vielzahl von Maßnahmen in den letzten Jahre hat es keine Verbesserung der Bedingungen gegeben." Um die Beschäftigungsraten von älteren und weniger gebildeten Arbeitskräften nachhaltig zu steigern sollte eine mittelfristige Strategie entwickelt werden, so die EU. Zudem hat sich laut Kommission auch die Situation für Jugendliche verschärft: Trotz eines Anstiegs der Jugendarbeitslosigkeit von 2,9 auf 3,2 Prozent im Vorjahr seien die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung "reduziert" worden. Einen "strukturierteren Zugang", der über "isolierte Maßnahmen" hinausgeht, vermisst die Kommission hinsichtlich der Gleichstellung der Frauen in der Arbeitswelt. Umstritten ist für die EU hier vor allem das Kindergeld. Dieses könnte, so die Kommission, "den Anreiz für Frauen, eine Beschäftigung anzunehmen, verringern". Es sei noch zu früh, um zu beurteilen, ob diese "kostspielige Politik weitere ergänzende Maßnahmen (für die Frauenbeschäftigung, Anm.) erlaubt". Einkommensunterschied zwischen Geschlechtern "Der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern hat sich nicht angenähert", kritisiert die Kommission. Die Benachteiligung der Frauen sei immer noch "signifikant", zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung des Unterschieds könnten ergriffen werden. Zur Steigerung der Arbeitsqualität rät die Kommission zu einem "umfassenderen Zugang": Mit mehr Nachdruck sollte die Entwicklung und Umsetzung einer verständlichen und umfassenden Strategie sowie die Festlegung von qualitativen und quantitativen Zielen für lebenslanges Lernen, insbesondere hinsichtlich Erwachsenen-Weiterbildung, betrieben werden. Positiv merkt die Kommission an, dass in den vergangen vier Jahren das Unternehmertum in Österreich stark gefördert worden sei. Der Markt für Venture Capital sei dramatisch gewachsen, das jüngste Konjunkturprogramm sollte weiter positive Effekte zeigen. Als wichtige Maßnahme bezeichnet die EU die Reform der Gewerbeordnung sowie die Unterstützung des Jungunternehmertums. (APA)