Bild nicht mehr verfügbar.

In Irakischen Moscheen wurde am Freitag zum Widerstand gegen die USA aufgerufen.

Foto: Reuters/ SAGOLJ
"Sollten die Vereinigten Staaten den Irak unilateral angreifen, könnte man sie als ,Schurkennation' bezeichnen", erklärte der ehemalige UNO-Waffeninspektor Scott Ritter als direkte Reaktion auf die Rede von US-Präsident George Bush vor der UNO-Vollversammlung am Donnerstag. Eine militärische Aktion gegen den Irak sei nicht gerechtfertigt, zumal der Irak nicht in der Lage sei, Massenvernichtungswaffen herzustellen und das mit der Zulassung von Inspektoren unter Beweis stellen könne. Ritter, ein US-Bürger, hatte bis 1998 im Team der Waffeninspektoren der UNO gearbeitet und war erst vergangene Woche von einer Reise nach Bagdad zurückgekehrt. US-Außenminister Colin Powell tat Ritters Kommentare lapidar ab: Ritter habe keinen Zugang zu geheimen Informationen. Der ehemalige Leiter der UNO-Waffeninspektoren, der Australier Richard Butler, ist ebenfalls anderer Meinung als Ritter und begrüßte Bushs Rede: Butler hält einen militärischen Angriff gegen den Irak für "beinahe unvermeidlich". Allerdings hänge das derzeit ausschließlich von Saddam Hussein ab. Die Reaktionen aus dem US-Kongress waren zunächst größtenteils positiv. Der demokratische Leiter des Senats, Tom Daschle, hält es für wahrscheinlich, dass der Kongress bereits vor den Wahlen im November über eine Resolution abstimmen wird. Dick Gephardt, demokratischer Fraktionsführer im Repräsentantenhaus, erklärte, eine Lösung solle "auf diplomatischem Weg, wenn das möglich ist, auf militärischem, wenn wir müssen" erfolgen. Auch Bush-Kritiker unter den Republikanern begrüßten die Rede: Mit seinem Auftritt vor der UNO habe Bush "die richtige Vorgangsweise gewählt", so Senator Chuck Hagel. Allerdings gelang es Bush nicht, alle Demokraten zu überzeugen. Joseph Biden, Vorsitzender des Außenausschusses des Senats, würde es vorziehen, die Abstimmung über den Irak erst nach den Wahlen abzuhalten. "Einige Themen sind so ernst, so wichtig, dass sie so weit wie möglich aus dem Reich der Politik entfernt werden sollten." Beobachter beider politischen Parteien auf Capitol Hill sind jedoch der Meinung, dass Bush - sollte er eine Abstimmung erzwingen - sowohl vom Senat als auch dem Repräsentantenhaus unterstützt würde. Powell griff Freitag in CNN Bushs UNO-Rede auf und forderte neue "harte" Irak-Resolutionen mit einem eindeutigem Ultimatum. Powell erklärte, es gehe den USA zu diesem Zeitpunkt nicht um die Waffeninspektoren. Das Problem mit dem Irak werde durch Inspektoren nicht gelöst, Saddam müsse alle Verpflichtungen erfüllen. (DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.9. 2002)