Schweden
"Schweden bricht Trend zu Rechtspopulismus"
Stockholm - Die sozialdemokratische sowie größte
schwedische Tageszeitung "Aftonbladet"
(Stockholm) meint am Montag
zum Wahlsieg der regierenden Sozialdemokraten im eigenen Land:
"Glücklicherweise hat eine haushohe Mehrheit Mehrheit der Bürger Nein
zu Fremdenfeindlichkeit und sozialer Arroganz gesagt. Damit bricht
Schweden den europäischen Trend mit rechtspopulistischen
Wahlerfolgen. In Schweden gewann die rote Mannschaft. ...
Göran Persson wurde lange Zeit als Büffel eingestuft, der Wähler
wegjagte. Dann wurde er zum Kuschel-Persson gegenüber dem gesamten
schwedischen Volk, was ihm sogar von der Rechtspresse das Prädikat
Staatsmann eingebracht hat. Dieser Wahlkampf hat vor allem in der
Schlussphase gezeigt, dass Persson auch ein streitbarer Ideologe ist,
der es wagt, sich Ausländerhass, Feindlichkeit gegenüber den
Arbeitnehmern und Steuerquerulanten in den Weg zu stellen. Auf diese
Weise konnten die Sozialdemokraten auch Jungwähler gewinnen."
Die liberale schwedische Tageszeitung
"Dagens Nyheter"
(Stockholm)
meint am Montag zum sozialdemokratischen Wahlsieg im eigenen Land:
"Der Wahlausgang in Schweden blieb ohne größere Überraschung
gegenüber dem, was die Demoskopen seit langem vorhergesehen haben.
Sozialdemokraten, Linkspartei und Grüne hatten schon das ganze Jahr
eine Mehrheit. Die Liberale Volkspartei kam bemerkenswert nach vorn,
was aber zu Lasten von Konservativen und Christdemokraten ging. ...
Das Ergebnis für die Sozialdemokraten ist in einem historischen Licht
betrachtet nicht sonderlich hoch. Allerdings konnte zum ersten Mal
seit elf Jahren eine Regierungspartei in Schweden Stimmen gewinnen.
... Die in den kommenden Monaten bevorstehenden Ereignisse in Europa
mit der NATO-Erweiterung im November und der der EU im Dezember
stellen die schwedische Regierung vor historische Fragestellungen
über Europas Sicherheit und Ordnung."
Die konservative spanische Zeitung
"ABC"
(Madrid) schreibt am
Montag:
"Schwedens sozialdemokratischer Ministerpräsident Göran Persson
verdankt seinen Wahlsieg vor allem der geglückten Wirtschaftspolitik.
Seine Linie basierte auf einer pragmatischen Politik mit einem
liberalen Unterton und entsprach dem Stil eines Tony Blair. Damit
öffnete Persson zwar Wunden in der alten Sozialdemokratie, aber er
eroberte auch Wählerbereiche, die bislang dem politischen Zentrum
vorbehalten waren. Auf diese Weise konnte Persson die Abwanderung von
Linkswählern zu den Ex-Kommunisten mehr als kompensieren. Es gelang
ihm, nach der Identitätskrise der Sozialdemokraten Mitte der 90er
Jahre sein Projekt durchzusetzen."
Die unabhängige südschwedische Zeitung
"Sydsvenska Dagbladet"
glaubt nicht daran, dass Persson mit der Linkspartei und den Grünen
eine Koalition bilden will. Die Zeitung ermahnt zu einer
Zusammenarbeit mit den bürgerlichen Wahlsiegern liberale Volkspartei
und Zentrumspartei: "Die Volkspartei stand im Wahlkampf an erster
Stelle, nicht nur auf Grund ihres Stimmengewinns durch die
Integrationsfragen. Die Partei sollte sich bemühen, eine Hauptrolle
in der Regierung zu spielen. ... Die Sozialdemokraten und die
Volkspartei könnten zusammen eine Mehrheit im neuen Reichstag
stellen. ... Göran Persson sitzt im Lift. In einem grünen Lift. Die
Fahrtrichtung ist abwärts. Lars Leijonborg kann aber auf den Notstopp
drücken. Das nennt man 'Verantwortung übernehmen'."
Die Zeitung
"Norrländska Socialdemokraten"
ermahnt Persson, sich
weiter nach links zu orientieren. "Göran Persson muss lernen, dass
die Wähler zu ihm zurückgekommen sind, seit er wieder die linke
Politik betonte. Er sollte deshalb auch weiterhin mit der Linkspartei
zusammenarbeiten. Die sozialdemokratischen Wähler möchten keine
bürgerliche Mitte-Regierung, sondern eine traditionelle
Linkspolitik."
Die Zeitung
"Göteborgs-Posten"
warnt davor, eine Linkspolitik
könnte zu einem Erdbeben führen, kritisiert aber gleichzeitig den
Verlust der Konservativen: "Bo Lundgren, Parteichef der Opposition,
tendierte dazu, den großen Wahlverlust mit der angekündigten
bürgerlichen Blockbildung zu erklären. Eine wahrscheinlichere
Erklärung ist aber, dass die Moderate Sammlungspartei in
verschiedenen Sachfragen so weit von den übrigen Parteien abgewichen
ist, dass dessen Forderungen nicht ernst genommen worden konnten: ein
Beispiel sind die angekündigten großen Steuersenkungen."(APA/dpa)