Die westmazedonische Albaner-Hochburg Tetovo erholte sich am Montag von einer lärmigen Nacht. Gegen zehn Uhr abends hatte es sich herumgesprochen, dass die Demokratische Integrationsunion (DUI) des ehemaligen Rebellen-führers Ali Ahmeti zur dominierenden politischen Kraft innerhalb der albanischen Volksgruppe geworden war. Vor allem im westlichen Vorort Mala Recica (alb. Recice te vogel), dem Sitz von Ahmetis Hauptquartier, tobte die Party im albanischen Stil. Junge Männer mit albanischen und DUI-Fahnen standen auf und hingen aus hupenden Autos, die im Konvoi durch die Straßen rasten. Dazu wurde aus allen Rohren in die Luft geschossen - aus Pistolen, Kalschnikows und gelegentlich sogar Maschinengewehren -, während die zur Gefechtsfeldillumination bestimmte Leuchtmunition aus den Restbeständen der U¸CK-Rebellen teure Feuerwerksraketen ersetzte.

Die Knallerei ließ erahnen, was die Aufständischen bei der Nato-geführten Waffeneinsammelaktion im vergangenen Herbst alles nicht abgegeben haben. Von seinem Schießzeug trennt man sich eben hierzulande nicht so leicht. Dennoch gilt die Entwicklung Ahmetis vom Anstifter einer bewaffneten Revolte zu einem gegenüber dem mazedonischen Staat loyalen Regierungsfaktor als glaubwürdig. Seine DUI gewann nicht nur im bäuerlichen Umland, aus dem sich die Kämpfer der inzwischen aufgelösten Nationalen Befreiungsarmee (U¸CK) rekrutierten, sondern auch im urbanen Zentrum Tetovo.

Auch scheint sich die DUI gegenüber der bisher zweiten albanischen Partei neben Arben Xhaferis PDSh, der Partei der Demokratischen Prosperität (PDP), zu öffnen. Die PDP, die eher das eingesessene albanische Establishment repräsentiert, war bis 1998 in der Regierung und ist nun in der Polarisierung zwischen DUI und PDSh unter die Räder gekommen. Der Zivilrechtsprofessor Abdula Aliu, als PDP-Abgeordneter nunmehr aus dem Parlament geflogen, macht dennoch einen gelöst-heiteren Eindruck. "Eine Koalition der mazedonischen Sozialdemokraten mit der DUI wird sich beruhigend auf das Land auswirken", meint er. Als "eine Partei des Krieges" weise Ahmetis Gruppierung einen "Mangel an Intellektuellen und Politprofis" auf.

(DERSTANDARD, Printausgabe, 17.9.2002)