Rom - Von den Bordellen Bangkoks über die Bahnhöfe Moskaus bis zu den Straßenkindern Mexikos: Kinderhandel und in der Folge Kinderarbeit und -prostitution sind auch im 21. Jahrhundert keine Seltenheit. Laut einer kürzlich erschienenen Studie des UNO-Kinderhilfswerks Unicef sind weltweit mehr als eine Million Kinder pro Jahr von sexueller Ausbeutung und Menschenhandel betroffen - keine schöne Bilanz für den Weltkindertag heute, Freitag. Doch das Problem betrifft nicht nur die Entwicklungsländer, sondern auch Europa.Rom, "Zentrum der Sklavenmärkte" Mehr als 6000 Minderjährige werden jedes Jahr aus osteuropäischen Ländern verschleppt, ein großer Teil davon nach Italien. Das hat eine gemeinsame Studie von mehreren Hilfsorganisationen im Auftrag des italienischen Außenministeriums ergeben. Vor kurzem erst wurde auf dem Kongress "Kinderhandel: Kleine Sklaven ohne Grenzen" eine Studie vorgestellt, der zufolge Rom, beziehungsweise der Hafen Ostia, "Zentrum der Sklavenmärkte" ist. Dort werden die Kinder weiterverkauft nach Norditalien, aber auch nach Hamburg und Amsterdam. In den Großstädten werden sie dann zur Prostitution gezwungen: In Rom sind laut Angaben des Innenministeriums 250 minderjährige Prostituierte registriert, die Dunkelziffer wird auf 1000 geschätzt. Kinder verarmter Familien werden gekauft Mehr als ein Drittel der Verschleppten kommt aus Albanien. Einst kontrollierten die italienischen Zuhälter die Prostitution, heute sind es oft Albaner. Sie kaufen die Kinder verarmten Familien ab oder aus den Waisenhäusern "frei" und bringen sie nach Italien. Mit Gewalt werden sie gefügig gemacht. Eine Integration der nach Italien Gekommenen will Giuseppe Spedicato erreichen. Für ihn sind minderjährige Einwanderer kein Einzelfall. "Viele kommen aus der totalen Armut und suchen Arbeit", sagt der Leiter des Asylbewerberheims "Don Milani" in der Nähe von Lecce. Sein Heim beherbergt zurzeit zwölf albanische Buben. Angegliedert ist eine Tischlerei, und vor der Haustür erstreckt sich ein weites Feld. Die Kinder sollen einen Beruf lernen. Von den rund 600 Minderjährigen, die im "Don Milani" gelebt haben, wurde etwa vier Fünfteln eine Lehrstelle vermittelt: "Gerade der Norden hat viel Bedarf an jungen Arbeitskräften", sagt Spedicato. "In den meisten Fällen gelingt uns sogar eine Familienzusammenführung." (AP, Alexandra Barone, DER STANDARD Printausgabe 20.9.2002)