Europa
Überraschend klares Votum der Slowaken
Mehrheit für Mitte-rechts-Parteien - Linkspopulist Fico deutlich unter den Erwartungen - Koalitionsverhandlungen laufen
Preßburg - Die vier slowakischen Mitte-Rechts-Parteien,
Slowakische Demokratische Koalition (SDKU), Partei der Ungarischen
Koalition (SMK), Christdemokraten (KDH) und Allianz des neuen Bürgers
(ANO), haben am Montag mit ihren Koalitionsverhandlungen begonnen. Es
wurden Expertenteams eingerichtet. Die Koalitionsverhandlungen
koordiniert der Ministerpräsident und SDKU-Vorsitzende Mikulas
Dzurinda. Die dominante Position Dzurindas wurde von allen
Mitte-Rechts Parteien bestätigt. Der Premier sagte gegenüber Medien, es bestehe kein Grund, auch
mit anderen als Mitte-Rechts-Parteien über die Zusammensetzung der
künftigen Regierung zu verhandeln. Heftig wies er Gerüchte zurück,
der umstrittene Ex-Premier Vladimir Meciar könnte das Angebot
bekommen, den Posten des Vize-Parlamentspräsidenten zu bekleiden.
"Das sind reine Spekulationen", sagte der SDKU-Chef.
Die Wahl
Die Parlamentswahlen in der Slowakei haben mehrere große Überraschungen gebracht. Zwar wurde die Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) des autokratischen Expremier Vladimír Meciar mit 19,5 Prozent der Stimmen wieder eindeutiger Wahlsieger geworden. Zugleich ist es aber auch das bisher schlechteste Wahlergebnis der Meciar-Partei seit deren Gründung 1991. Es scheint sicher, dass die HZDS auch nach diesen Wahlen keine wesentliche Rolle in der slowakischen Politik mehr spielen wird.
Dagegen übersteigt der zweite Platz der Christdemokraten (SDKÚ) von Regierungschef Mikulás Dzurinda mit rund 15 Prozent alle Erwartungen und Prognosen. Dies vor allem angesichts der teils heftigen Kritik an der harten Reformpolitik Dzurindas aus der Bevölkerung, die viele Sparmaßnahmen am eigenen Leib zu spüren bekam. Jetzt fühlt sich Dzurinda in seinem Kurs bestätigt.
Ein Warnsignal bedeutet allerdings die größte Überraschung: Zum ersten Mal seit der Wende 1989 hat die Kommunistische Partei der Slowakei (KSS) den Sprung ins Parlament geschafft. Gründe für das Comeback der Kommunisten dürften neben der Krise der slowakischen Linken auch die Frustration vieler Wähler über die wirtschaftliche und soziale Situation und nostalgische Erinnerungen vor allem älterer Bürger sein.
Enttäuschung für di "Smer"
Für die Partei "Smer" (Richtung) waren die Wahlen eine ziemliche Enttäuschung, und der neue Stern am politischen Himmel der Slowakei, Róbert Fico, beginnt wieder zu verblassen. In den Verhandlungen über die Regierungsbildung, die heute, Montag, beginnen sollen, wird Fico nicht die erträumte Schlüsselrolle spielen.
Das gute Abschneiden aller Mitte-rechts-Parteien lässt eine stabile, programmatisch ziemlich homogene Regierung als sehr wahrscheinlich erscheinen. Die SDKÚ und ihre zwei bisherigen Koalitionspartner - die Ungarnpartei SMK und die "alten" Christdemokraten (KDH) - würden zusammen mit der rechtsliberalen "Allianz des neuen Bürgers" (Ano) des Medienunternehmers Pavol Rusko im neuen Nationalrat auf eine Mehrheit von 78 der insgesamt 150 Mandate kommen.
Die Wahlbeteiligung lag mit 70 Prozent deutlich unter jener des Jahres 1998 (84 Prozent)
(APA/DERSTANDARD, Printausgabe, 23.9.2002)