Berlin - Das deutsche Bundeskanzleramt bleibt auch weiterhin für die CSU verschlossen: 22 Jahre nach Franz Josef Strauß scheiterte mit Edmund Stoiber laut Hochrechnungen zum zweiten Mal ein Vorsitzender der CDU-Schwesterpartei mit dem Versuch, eine Regierungsmehrheit in Deutschland zu bekommen. Dabei hatte Stoiber von Anfang an seinen Wahlkampf völlig anders angelegt als sein politischer Ziehvater Strauß. Besonders erfolgreich war er damit in seiner Heimat Bayern, wo er 58,6 Prozent der Stimmen erzielte. Die Kandidatur von Strauß war vom ersten Tag an auf Konfrontation angelegt. Schon bei seiner Aufstellung provozierte er 1979 eine beispiellose Kampfabstimmung mit dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (CDU). Obwohl Strauß in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion siegte, musste er anschließend ohne breiten Rückhalt der CDU in den Wahlkampf ziehen. In dem von Stoiber organisiertem Wahlkampf prallte der 65-Jährige immer wieder mit seinen Gegnern aufeinander, die ihn mit Pfiffen und "Stoppt Strauß"-Plakaten begrüßten. Am Ende blieb er chancenlos: CDU/CSU wurden mit 44,5 Prozent der Stimmen zwar stärkste Kraft, gegenüber 1976 verloren sie aber 4,1 Prozentpunkte und mussten sich SPD und FDP geschlagen geben. Verluste im Endspurt Stoiber zog aus den Erfahrungen seines Mentors zahlreiche Lehren. So trieb er den Streit um die Kanzlerkandidatur mit CDU-Chefin Angela Merkel nicht auf die Spitze und konnte nach deren Verzicht Mitte Januar auf die breite Unterstützung der Union setzen. Im Wahlkampf verzichtete Stoiber auf provozierende Parolen und wich damit der Strategie der SPD aus, die ihn in die rechte Ecke drängen wollte. Bald begleitete den 60-Jährigen wegen seiner Zurückhaltung der Ruf des "Kreidefressers". Nachdem Stoiber in den Umfragen zunächst lange vorne lag, verlor er aber im Schluss-Spurt stetig an Vorsprung. Meinungsforscher führten dies unter anderem auf seine schlechten Sympathiewerte zurück; ein besonderer "CSU-Effekt" wurde dabei aber nicht ermittelt. Mit der Stoiber-Niederlage bleibt Ludwig Erhard der einzige Bayer, der es ins Bundeskanzleramt schaffte (von 1963 bis 1966): Der gebürtige Fürther trat allerdings für die CDU an. (APA/AFP)