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Der Pferdekauf ist – vor allem für Neulinge in der Pferdeszene – eine heikle und schwierige Sache, bei der man sich jedenfalls Rat und Hilfe von einem versierten Fachmann holen sollte.

Foto: Archiv Pferderevue
Wer sich zum Kauf eines Pferdes entschließt, steht vor einem neuen Lebensabschnitt. Denn mit einem eigenen Pferd wird fortan nichts mehr so sein wie es einmal war.Neben beträchtlichen Kosten und einem nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand garantiert das eigene Pferd eine Partnerschaft, in der Freude und Frust, Erfolg und Mißerfolg einander die Hand reichen. Reitkollegen werden Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen und kritische, manchmal auch neidische Blicke austauschen. Kurz, es stehen Ihnen ein Wechselbad der Gefühle, viele neue Erfahrungen und eine Menge glücklicher Momente bevor. Die richtige Wahl Wer mit seinem Pferd ein dauerhaftes Glück sucht, sollte durchaus kritisch an grundlegende Fragen herangehen. Was will ich? Wahrscheinlich wissen Sie bereits, welche Disziplin Ihnen am ehesten zusagt, ob Sie es zu Turnierehren bringen oder ob Sie lieber ein Leben lang gemütlich durch Wald und Flur bummeln wollen. Nicht jede Rasse eignet sich für Ihre Wünsche. Beispielsweise werden Sie mit einem Isländer eher auf der Töltbahn Erfolge feiern als auf dem Dressurparkett. Als ideales – und auch preisgünstiges – Familienfreizeitpferd bietet sich der Haflinger an – sofern er eine gute Ausbildung genossen hat. Familientauglichkeit. Wollen Sie, daß auch Ihre Kinder oder Ihr Partner mit dem Pferd zurechtkommt? Oder ziehen Sie einen Einzelgänger vor, der alsbald nur Sie akzeptiert und spätestens bei Ihrem ersten Urlaub der Freundin, die sich um ihn kümmert, nur Probleme bereitet. Zeit-Management. Apropos Urlaub: Haben Sie auch überlegt, wer sich um Ihr Pferd kümmert, während Sie verreist sind? Robust gehaltene Pferde, die den Großteil ihrer Zeit auf der Weide verbringen, werden kaum darunter leiden, wenn Sie zwei Wochen nicht auftauchen. Ganz anders ist das beim Boxenpferd, das nur zum Reiten, Putzen und An-der-Hand-Grasen herausgenommen wird. Wer sein Pferd einem Trainer unter Beritt gibt, hat Extrakosten. Günstiger ist ein verläßlicher Mitreiter oder ein befreundeter Reiter, der Ihr Pferd kennt und es im Idealfall schon tageweise betreut hat. Streß oder Einteilung. Damit Ihr Alltag nicht an Lebensqualität verliert, beispielsweise wenn Sie Beruf, Kinder und Haushalt unter einen Hut bringen müssen, ist ein gewissenhaftes Zeitmanagement erforderlich. Nur wenn Sie sicher sind, den vermehrten Aufwand zu bewältigen und mit der Unterstützung Ihrer Familie rechnen können, werden Sie die Stunden mit Ihrem Pferd genießen können. Erleichterungen bieten ein Mitreiter, der hilfsbereite Stallkollege, der Ihr Pferd tageweise mitversorgt (Karotten füttern, Hufe kontrollieren usw.) und ein gut geführter Stall, in dem Sie nicht jeden Tag höchstpersönlich das Wohlergehen Ihres Pferdes überprüfen müssen. Kosten & Unterkunft Mit einem eigenen Pferd kommen beträchtliche Kosten auf Sie zu. Rechnen Sie ruhig damit, im Laufe von zehn Jahren ein kleines Einfamilienhaus in Ihr Pferd zu investieren. Einmalige Kosten. Ein gesundes, gut erzogenes und ebenso gerittenes Freizeitpferd ist nicht gerade billig, sofern das gute Tier sonst keine Macken hat. Problempferde sind zwar meist günstiger zu haben, verursachen in der Regel aber erheblich mehr finanziellen Aufwand bei den laufenden Kosten. Sei es, weil sie kränkeln, ohne regelmäßigen Beritt unreitbar sind oder dauernd Unfug anstellen. Ein weiterer Posten folgt nach dem Pferdekauf – die Grundausrüstung . Ein durchschnittliches Monatsgehalt muß der frischgebackene Pferdebsitzer in etwa berappen, will er gute Qualität, mit der er lange Freude hat. Ständige Kosten. Die Monate vergehen schnell, und an jedem Ersten ist die Einstellgebühr fällig, die in der Regel im voraus zu bezahlen ist. Alle sechs bis acht Wochen braucht das Pferd den Hufschmied und mindestens zweimal pro Jahr kommt der Tierarzt zum Impfen. Einmal jährlich sind die Haftpflichtversicherung und gegebenenfalls eine Ausreitmarke zu bezahlen. Regelmäßige Entwurmung, einmal pro Woche der Karottenmann und die notwendig gewordene Reitstunde beim Trainer sind weitere Posten, die das Konto belasten – solange Ihr Pferd sich keine Extravaganzen wie Kolik, Husten oder Lahmheit erlaubt. Stall. Entscheiden Sie vor dem Kauf, wo Sie Ihr Pferd unterbringen wollen, welche Anforderungen Sie an einen Stall stellen und ob ein Trainer greifbar sein soll. Ein Pferd braucht zirka sechs Monate, um sich einzugewöhnen, und jeder Umzug verursacht ihm unnötigen Streß. Ställe in Stadtnähe sind, was den Einstellpreis betrifft, meist teurer als jene am Land, viele bieten dafür aber auch mehr Infrastruktur. Je weiter Sie fahren müssen, desto billiger wird das Einstellen. Dafür fallen höhere Benzinkosten und eine größere Abnützung Ihres Autos an. Auch kann eine zeitraubende Hin- und Rückfahrt im Winter recht unangenehme Ausmaße annehmen. Wenn Sie Ihr Pferd bei sich zu Hause unterbringen wollen, sollten Sie unbedingt vorher klären, ob eine Pferdehaltung rechtlich erlaubt ist und welche Reitmöglichkeiten Sie in unmittelbarer Nähe haben. Sie brauchen außerdem jemanden, der Sie verläßlich mit Futter und Einstreu beliefert und im Gegenzug vielleicht Mist mitnimmt. Und Sie sollten Platz für zumindest ein Gesellschaftspferd haben. Drum prüfe, wer sich ewig bindet Je mehr Sie von Pferden verstehen, desto besser wissen Sie wahrscheinlich, was Sie suchen. Reden Sie in einer ruhigen Minute mit Ihrem Reitlehrer. Freunde und Reitkollegen können hilfreich sein. Besondere Bedeutung kommt bei der Pferdewahl Ihrer eigenen Persönlichkeit zu: Nervöse Menschen sollten sich kein nervöses Pferd zulegen, dafür sucht der ehrgeizige Reiter wahrscheinlich nach einem Pferd, das genügend Potential für spätere Turnierstarts hat. Wer ängstlich veranlagt ist, für den ist ein erfahrener Professor, auf den man sich immer verlassen kann, eine gute Wahl. Geduldige Reiter entdecken den Sinn ihres Reiterlebens möglicherweise darin, begabte Galopper oder Traber umzuschulen. Bedenken Sie, daß Sie viel Zeit mit Ihrem Pferd verbringen werden und diese so qualitätsvoll wie möglich nutzen wollen. Ein Pferd vor dem man Angst hat, das nicht zu einem paßt oder das zu reiten schlicht keinen Spaß macht, ist mit Sicherheit die falsche Wahl. Sich später von einem Tier zu trennen ist schwer. Doch wenn die Chemie zwischen Pferd und Reiter einfach nicht stimmt, ist es besser, das Tier zu verkaufen, als mit wachsender Frustration in den Stall zu kommen – davon hat auch Ihr Pferd nichts. Darum: seien Sie kritisch bei der Wahl ihres Pferdes! Achten Sie auf sein Wesen. Lassen Sie sich nicht von der Schönheit, der Farbe oder der Gang- und Sprunggewalt blenden. Für Sie als Freizeitreiter zählen die inneren Werte eines Pferdes erheblich mehr. Überlassen Sie schwierige Charaktere oder verdorbene Pferde lieber Profis. Kleine Schönheitsfehler und ein bescheideneres Springvermögen tun der Freude keinen Abbruch, wenn sich Ihr Pferd dafür umso mehr bemüht und beim Clubturnier sein Letztes gibt. Operation Pferdekauf Wenn die Suche nach einem geeigneten Pferd beginnt, bitten Sie eine kompetente Person Ihres Vertrauens mit Ihnen zu kommen. Und nehmen Sie sich Zeit. Verbinden Sie die Pferdesuche mit einem kurzen Urlaub. Besuchen Sie ein Pferd, das in die engere Wahl kommt, mehrmals und reiten Sie es öfter Probe. Fragen Sie Besitzer, Boxnachbarn und Reitkollegen Löcher in den Bauch. Werden Sie stutzig, wenn das Pferd häufig den Besitzer gewechselt hat. Pferdehändler.
Schnellentschlossene versuchen ihr Glück vielleicht beim Pferdehändler. Nehmen Sie einen erfahrenen Begleiter mit Pferdeverstand mit, denn Pferdehändler sind absolute Verkaufsprofis. Sie reden schnell und viel und haben fast immer das richtige Tier im Stall. Außerdem kann man seine Neuerwerbung bei Bedarf umtauschen – natürlich mit entsprechender Aufzahlung. Also Vorsicht, holen Sie vorher Erkundigungen ein.
Von privat. Kauft man sein Pferd bei Privatpersonen, rechnet man nicht damit, übers Ohr gehauen zu werden, der Vorbesitzer kann allerdings aus Unwissenheit einiges falsch gemacht hat. Sehen Sie sich genau an, wie der Verkäufer mit seinem Pferd umgeht, wie sich das Tier auf der Koppel, im Stall, beim Führen usw. verhält. Sehen Sie dem Noch-Besitzer genau auf die Finger, wenn er Ihnen das Pferd vorreitet.Als Schnäppchen kann sich der sogenannte „Notverkauf“ oder auch das Angebot „Platz vor Preis“ herausstellen. Privatpersonen, die aus persönlichen Gründen zum Verkauf ihres Pferdes gezwungen sind, legen oft auf einen guten Platz mehr wert als auf einen hohen Preis. Auch bei Schutzverträgen mit Rückkaufsrecht oder anderen persönlichen Vereinbarungen ist ein Preisnachlaß üblich.
Pferdemarkt & Auktion. Pferdemärkte und Auktionen sorgen schon allein mit ihrer Stimmung für erhöhte Kauflust (und ebensolche Preise). Besser Sie lassen Ihr Geld zu Hause und die Hand unten – besonders, wenn Sie zu Spontankäufen neigen. Zuschlagen sollte nur, wer die Spielregeln beherrscht.
Mitleidskauf. Schulpferde und Schlachtpferde hinterlassen oft einen ziemlich traurigen Eindruck. Weichherzige sollten aber daran denken, daß der Bedarf an geschundenen Pferden bei entsprechender Nachfrage weiterhin gedeckt werden wird. Außerdem suchen Sie ja nach einem gesunden Reitpferd und nicht nach einer pflegebedürftigen Kreatur, die Sie mehr verarzten als reiten.
Schulpferde sind oft ziemliche Schlingel und haben eine Menge Tricks auf Lager, die man ihnen – wenn überhaupt – nur schwer wieder abgewöhnen kann.Rennbahn. Pferde, die von der Rennbahn kommen, gibt es meist recht günstig. Immer wieder trifft man im Freizeitsport auf recht passable Blüter, die, sind sie erst umerzogen, ihren Besitzern viel Freude bereiten.
Im Ausland. Käufe im Ausland sind innerhalb der EU recht unkompliziert. Achtung: Das Vertragsrecht kann in anderen Ländern differieren, holen Sie Erkundigungen ein. Tip: Überlassen Sie den Transport einem erfahrenen Spediteur, der sich um den Papierkram kümmert und der transportversichert ist.
Beim Ausbilder. Das Vertrauen zum Ausbilder muß sehr groß und der Ausbilder muß sehr seriös sein. Schließlich soll er seinem Schüler ohne Vorbehalte das passende Pferd aussuchen und ihn professionell beraten. Ein begabtes Pferd, auf dem sich der Trainer selbst schon Schleifen sammeln sieht, muß nicht unbedingt die Ansprüche seines Schülers erfüllen. Auch soll ein Trainer so fair sein, ein Pferd, das Sie selbst entdeckt haben, nicht runterzumachen. Er verdient schließlich später am Unterricht oder am Beritt. Dafür ist es durchaus üblich, wenn Ihre Reitlehrer ein Pferd entdeckt, daß er bei einem Kauf auch prozentuell mitverdient.
Beim Züchter. Ein junges Pferd beim Züchter zu kaufen bietet einige Vorteile. Sie wissen, wie Ihr Tier aufgewachsen ist. Es ist noch nicht durch eine Reihe schlechter Erfahrungen und verschiedener Vorbesitzer gegangen – Sie haben sozusagen ein Pferd aus erster Hand. Wenn das Pferd eine korrekte Aufzucht genossen hat und gesund ist (Ankaufsuntersuchung auch bei jungen Pferden!) und Sie viel Zeit und einen erfahrenen Ausbilder bei der Hand haben, steht einem Kauf eigentlich nichts mehr im Wege. Sie haben realistische zwanzig gemeinsame Jahre vor sich.

Eine lange Zeit

Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Umso wichtiger ist es, das richtige Pferd auszusuchen. Bedenken Sie, daß ein Pferd, so man es korrekt behandelt, gerne arbeitet. Es braucht aber den Menschen nicht unbedingt. Gibt man ihm eine Herde und genügend Weideland, ist es auch dort glücklich und zufrieden.

  • Gehen Sie beim Pferdekauf keine Kompromisse ein. Hinterfragen Sie alles – Vorbesitzer, Turnierergebnisse, medizinische Behandlungen und, und, und.
  • Tauchen Sie unangemeldet bei „Ihrem“ Pferd auf und beobachten Sie sein Verhalten.
  • Vertrauen Sie der gegenseitigen Sympathie, die Sie bei der ersten Begegnung mit Ihrem (zukünftigen) Pferd empfinden. Achten Sie darauf, ob sein Temperament Ihnen zusagt.
  • Reiten Sie in der Gruppe und allein Probe. Lassen Sie es sich Vorreiten und Vorlongieren.
  • Checken Sie, ob es verladesicher ist. Nichts ist schlimmer, als ein Pferd, das trotz rasender Kolikschmerzen nicht in die Nähe des Hängers gehen will.
  • Fragen Sie, wie es bisher beschlagen wurde – kalt beschlagene Pferde reagieren beim ersten Warmbeschlag oft nervös.
  • Lassen sie sich den bisherigen Futterplan aufschreiben, um eine belastende, abrupte Futterumstellung zu vermeiden.
  • Wenn Sie regelmäßig Wanderritte unternehmen oder aufs Turnier fahren, sollte das Pferd sich problemlos anbinden lassen.
  • Eine gute Grundrittigkeit macht sich immer bezahlt. Es ist sowohl auf dem Dressurviereck als auch im Gelände lästig, auf einem Pferd zu sitzen, das bei jeder Gelegenheit scheut, Paraden ignoriert und den Rücken weg-, dafür den Unterhals vordrückt.
  • Wenn Sie sicher sind, daß Sie Ihr Pferd gefunden haben, fehlt nur noch die Ankaufsuntersuchung, die Sie allenfalls in Ausnahmefällen auslassen sollten – beispielsweise, wenn Sie das Pferd sehr gut und sehr lange kennen.
    Andrea Kerssenbrock/Pferderevue