Nahost
Hamas-Extremist offenbar doch nicht getötet
Israelische Militäraktion vom Donnerstag verfehlte laut Minister ihr Ziel
Gaza - Der blutige israelische Angriff auf den
Hamas-Extremisten Mohammed Deif in Gaza hat offenbar sein Ziel
verfehlt. Der als Bombenbauer beschuldigte Deif habe die
Militäraktion vom Donnerstag überlebt, bestätigte der israelische
Wissenschaftsminister Matan Vilnai am Freitag entsprechende Angaben
der Hamas-Bewegung. Bei dem Angriff auf das Auto Deifs kamen jedoch
zwei seiner Leibwächter ums Leben, 35 Menschen wurden verletzt.
UNO-Generalsekretär Kofi Annan kritisierte die Offensive scharf. Das Völkerrecht verpflichte Israel, das Leben der Zivilbevölkerung
zu schützen, erklärte Annan. Er forderte die Regierung Israels auf,
solche Militäraktionen einzustellen. Unter den Verletzten waren auch
15 Kinder. Sechs Personen befanden sich am Freitag noch in kritischem
Zustand. Die Hamas kündigte Rache für den Angriff an.
Abwehr von Anschlägen als Rechtfertigung von Angriffen
Minister Vilnai erklärte am Freitag im israelischen Rundfunk, Deif
sei verletzt worden, werde sich aber erholen. Ein weiteres ranghohes
Regierungsmitglied, das nicht genannt werden wollte, sagte ebenfalls,
Deif habe mittelschwere Verletzungen erlitten. Die israelischen
Streitkräfte hatten zunächst erklärt, Deif sei offenbar getötet
worden. Die israelische Regierung macht den Hamas-Aktivisten, der
seit Jahren im Untergrund lebt und als führender Bombenbastler der
islamischen Organisation gilt, für Dutzende Bombenanschläge in Israel
verantwortlich.
Israel rechtfertigt gezielte Angriffe auf mutmaßliche Extremisten
mit der Abwehr weiterer Anschläge. In den vergangenen zwei Jahren
sind bei so genannten gezielten Angriffen der Israelis 78 gesuchte
Palästinenser und 52 Passanten getötet worden.
Der Militärschlag gegen Deif sei ein weiteres Beispiel dafür,
"dass der israelischen Armee das Leben unschuldiger palästinensischer
Opfer egal ist", erklärte ein Sprecher des palästinensischen
Menschenrechtsverbands. Auch der israelische Oppositionsführer Yossi
Sarid betonte, dass zwar der Kampf gegen den Terror geführt werden
müsse, aber solche Aktionen nicht zu vertreten seien.
Ein Abgeordneter der für einen scharfen Kurs eintretenden
Nationalreligiösen Partei rechtfertigte hingegen den Angriff
ungeachtet der zivilen Opfer. "Wenn Israel ein verachtenswertes und
grausames Ziel wie dieses angreift, sind Nebenwirkungen
unvermeidlich", sagte Shaul Jahalom im israelischen Rundfunk.
Vielmehr hätte ein stärkerer Sprengsatz genutzt werden müssen, um
Deif wirklich zu töten.
Freitag Früh erschossen israelische Soldaten bei einer Razzia in
Hebron ein 21-jähriges Hamas-Mitglied, wie Augenzeugen berichteten.
Die Streitkräfte erklärten, der Mann habe zuerst das Feuer auf die
Soldaten eröffnet, als diese sich seinem Haus genähert hätten.
Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon verteidigte
unterdessen erneut die seit einer Woche andauernde Belagerung des
palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat. Zugleich zeigte er sich
in einem Interview mit der "Jerusalem Post" überzeugt, dass die
wiederholten Offensiven in den Autonomiegebieten der richtige Weg
seien. Sie erfolgten, "nicht weil wir dort präsent sein wollen,
sondern um den Terror abzuwehren", erklärte Sharon. Das wiederholte
Einrücken sorge auch für eine Art Gewohnheitseffekt und lasse die
Kritik der internationalen Gemeinschaft weniger werden. (APA/AP)