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Kursschwankungen lassen sich mit der Stillhaltestrategie gewinnbringend nutzen.

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"Sichere Häfen" sind in schwierigen Börsenzeiten gefragt. Das muss nicht unbedingt den Verkauf der Aktienpositionen und den Verzicht auf Aktienanlagen bedeuten. Eher die Umschichtung auf konservative, ertragstarke und marktbreite Werte, die womöglich durch stabile Dividendenzahlungen rendite-mäßig abgesichert sind. Selbst solche Aktien werden in der herrschenden Situation, also bei hoher Schwankungsbreite der Märkte, immer wieder durchgebeutelt. Die Neue Vermögen AG zeigt für ihre Anleger ein System auf, wie diese Schwankungen genutzt werden können. "Wir empfehlen eine Stillhalter-Strategie", sagt Hermann Ecker, Berater im Salzburger Büro der Neuen Vermögen. "Und zwar mit einem Teil der Gesamtanlage, die 70 Prozent Anleihen und 30 Prozent Aktien enthält." Stillhalter heißt in diesem Fall nicht, zuzuschauen und nichts zu tun. Unter Stillhalter versteht man an der Börse jemanden, der Optionen schreibt, also bereit ist, zu einem bestimmten Zeitpunkt Aktien zu einem bestimmten Preis zu kaufen (Stillhalter bei Put-Optionen) oder zu verkaufen (bei Call-Optionen). "Über die Put-Seite kann man an schwachen Tagen und bei steigender Volatilität schöne Prämien erzielen und somit günstig an gute Aktien kommen, auf die man an besseren Tagen mit Calls wieder stillhalten kann." Daimler-Chrysler-Aktie Konkretes Beispiel: Die Daimler-Chrysler-Aktie liegt derzeit etwa bei 35. Für eine Put-Option, also die Verpflichtung, Aktien zum Kurs von 32 innerhalb von drei Monaten zu kaufen, erhält man 2,50 Euro. Wird diese Option tatsächlich ausgeübt, wenn also der Kurs unter 35 sinkt, hat man die Aktien mit 32,50 Euro im Depot. Erholt sich der Kurs wieder, etwa auf 39, könnte man bei ähnlich hoher Volatilität für eine Kaufoption zum Kurs von 42 auf drei Monate rund 1,5 Euro erlösen. Im Optimalfall, also wenn auch diese Option ausgeübt wird, verdient man bei einem Kaufkurs von 32,50 für 900 Stück (43,50 - 32,50) x 900 =9900 Euro, das wäre ein Gewinn von 34 Prozent. Kursrisiko Freilich hat diese Strategie auch ihre Risiken. Die liegen zunächst einmal im Kurs der Daimler-Aktie: In einem negativen Umfeld oder bei schlechten Unternehmensnachrichten könnte der auch weit unter den hier errechneten Einstandskurs zurückfallen und längere Zeit auf dem tiefen Niveau bleiben. Ecker: "Deshalb würde ich zuerst mit dem Put beginnen." Umgekehrt wäre die Gewinnmöglichkeit mit der Aktie bei stark steigendem Kurs durch die offene Kaufoption begrenzt. Mehr als die 34 Prozent im Beispiel sind nicht drinnen. Beruhigen sich die Börsen und sinkt damit die Volatilität, so vermindern sich die Optionsprämien und damit die Ertragsmöglichkeiten der Strategie. Allerdings könnte sie dann mehrfach angewendet werden. Außerdem federt die Rendite des Anleihedepots einen eventuellen Verlust bei der Aktie stark ab. "Short Strangle"-Strategie Bei der genannten Aufteilung (70 Prozent Anleihen mit einer Rendite von fünf Prozent, 30 Prozent Aktien) würde der maximale Depotertrag rund 16,1 Prozent, der maximale Verlust (wenn die Daimler-Aktie um weitere 30 Prozent fällt) 2,9 Prozent ausmachen. Voraussetzung für den Verkauf des Put ist außerdem ein entsprechender Bestand an Barmitteln, um im Einlösungsfall die Aktien auch kaufen zu können. Und beim Verkauf der Call-Option muss die notwendige Aktienposition zur Abdeckung vorhanden sein. Der Vorschlag basiert auf einer "Short Strangle"-Strategie, einer Spielart des klassischen "Straddle". Der klassische "Long Straddle" besteht in seiner reinen Form darin, dass man jeweils die gleiche Zahl von Kauf- und Verkaufsoptionen erwirbt, wobei auch Ausübungspreis und Verfallsdatum identisch sind. Zum Beispiel Call- und Put-Optionen auf Daimler-Aktien mit Ausübungspreis 36 und Laufzeit bis Dezember 2002. Bei einem Kurs der Daimler-Aktie von 36 kostete der Call 3,90 Euro, der Put 4,00. Das bedeutet: Um damit zu verdienen, muss der Kurs der Aktie entweder unter 32 fallen oder über 39,90 steigen. Bleibt der Kurs während der restlichen Laufzeit der Optionen innerhalb dieser Spanne, entsteht ein Verlust, maximal in Höhe der bezahlten Prämien. "Long Straddle" Wer also mit starken Kursausschlägen und einer steigenden Volatilität der Börsen rechnet, hat mit einem "Long Straddle" ein interessantes Instrument zur Hand. Rechnet man jedoch mit weitgehend stabilen Kursen und geringen Schwankungen, wäre eher ein "Short Straddle" angebracht. Das heißt, man verkauft Call-und Put-Optionen, agiert also als Stillhalter. Aber Achtung: Hier sind die Gewinnchancen beschränkt, das Verlustrisiko bei stärkeren Kursausschlägen sollte nicht unterschätzt werden. Generell ist zu beachten, dass die Prämien für solche Optionen umso höher liegen, je länger die restliche Laufzeit ist. Abgesehen davon steigen und fallen die Prämien mit der Volatilität des Marktes.(Nikolaus Dolenz, Der Standard, Printausgabe, 30.09.2002)