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"Lula" ist fast am Ziel: er geht als Favorit in den zweiten Wahlgang der brasilianischen Präsidentschaftswahl.

Foto: AFP/Vanderlei Almeida
Der neue Präsident Brasiliens wird in einer Stichwahl zwischen dem Regierungskandidaten José Serra und seinem linken Herausforderer Luíz Inácio "Lula" da Silva entschieden. Bei Auszählung von 90 Prozent der Stimmen kam "Lula" am Montag auf 46,67 Prozent und verfehlte damit die absolute Mehrheit, die zum Sieg in der ersten Runde nötig gewesen wäre. In seinem vierten Anlauf erhielt Lula allerdings deutlich mehr Zuspruch als je zuvor. Für Serra stimmten 23,59 Prozent der 115 Millionen Wähler. Die folgenden Kandidaten, der evangelische Priester Anthony Garotinho und der ehemalige Gouverneur des nördlichen Bundesstaates Ceara, Ciro Gomes, landeten weit abgeschlagen dahinter. Lula nahm das Ergebnis in seiner Hochburg, Sao Bernardo do Campo in der Nähe der Industriemetropole Sao Paolo, entgegen. Im Wahlkampfzentrum seiner Arbeiterpartei (PT) konnten viele ihre Enttäuschung nicht verbergen, sie hatten einen Sieg in der ersten Runde erhofft. Der PT-Funktionär Marco Aurelio Garcia zeigte sich dennoch zufrieden. Es sei der größte Sieg in der Geschichte der PT. Sehr zufrieden zeigte sich Serra, der besser abgeschnitten hatte als die Umfragen erahnen ließen. "Der Kampf geht weiter", sagte er in Sao Paolo. In der Stichwahl werden die Karten neu gemischt. Die Kandidaten müssen versuchen, Allianzen mit den Unterlegenen, einflussreichen Provinzfürsten und anderen Parteien des politischen Spektrums zu schließen. Bis auf kleinere Zwischenfälle verlief die Abstimmung weitgehend ruhig. Erstmals wurde landesweit eine moderne elektronische Urne eingesetzt, ähnlich einem Bankautomat, in den die Wähler Zahlenkombinationen für ihre sechs Kandidaten einzutippen hatten. Zahlreiche Wähler beschwerten sich anschließend, das System sei kompliziert. Auch diesmal gab es Probleme, das Wahlgericht musste 4274 der 406.000 Urnen wegen technischer Probleme ersetzen, andere Wahllokale blieben länger offen, weil sich Schlangen gebildet hatten. Die Stichwahl findet am 27. Oktober statt, der neue Präsident wird dann am 1. Jänner Fernando Henrique Cardoso ablösen, der nach acht Jahren Amtszeit nicht mehr hatte antreten dürfen.(DER STANDARD, Printausgabe, 8.10.2002)