International
Im Grunde geht’s um die Bürgermeister
Die Wahl zeigte, dass die Ortschefs den Menschen mehr am Herzen liegen als die Wahl zu den Ortsparlamenten
Eisenstadt - Zahlen können,
das wahrscheinlich ist auch
ihr Wesen, gewaltig täuschen.
Vor allem der schlampige
Umgang mit den Wörtern
"Prozent" und "Prozentpunkt"
kann einen leicht in die Irre
führen. Die FPÖ hat bei den
sonntägigen Gemeinderatswahl im Burgenland nicht 3,9
"Prozent" verloren, sondern
"Prozentpunkte", was in Prozent dann beinahe minus 50
bedeutet und in Mandate umgerechnet deutlich mehr als
minus 50. Die Freiheitlichen
verloren landesweit 108 Mandate, halten zurzeit bei 96 und
sind im Burgenland somit
zum Status einer Fünf-Prozent-Partei zurückgekehrt.
Freilich ist dieser Trend nicht in jeder Gemeinde gleichermaßen zu beobachten. Dort,
wo starke Personen - vor allem
solche, die ernsthaft ums Bürgermeisteramt mitreden können - das bundespolitische
Tohuwabohu zudeckten, ist
die FPÖ weiterhin ein Faktor.
Drei Blaue stehen zur Wahl
In drei der 16 Stichwahlgemeinden - Halbturn,
Deutschkreutz und Oberschützen - stehen am 20. Oktober Blaue zur Wahl. Am
meisten schmerzt die FPÖ
dies in Halbturn, wo Parteichef Stefan Salzl amtiert. Seine Partei verlor dort elf Prozentpunkte, bei der Bürgermeisterwahl rutschte Salzl
von 66,5 Prozent auf 41,7. Und
zwar, wie er selbst meint, im
Sog des Bundestrends.
Das mag für die FPÖ zutreffen, für die anderen Parteien
tut es das nur in sehr eingeschränktem Maße. Es hat sich
gezeigt, dass die Menschen die
beiden parallelen Wahlgänge ganz genau auseinander halten. Und auch ihr diesbezügliches Votum ist klar: Die wichtigere der beiden Wahlen ist
die zum Bürgermeister.
Parteigrenzen unerheblich
Während bei den Gemeinderatswahlen landesweit 7,87
Prozent ungültig wählten, taten dies bei der Bürgermeisterwahl nur 3,52. Aber es liegt
nicht nur daran, dass im
Durchschnitt die Bürgermeister mehr Zustimmung gefunden haben als ihre jeweiligen
Parteien. Das geht zum Teil so
weit, dass auch Parteigrenzen
keine Rolle spielen. Im südburgenländischen Neustift an der Lafnitz gewann die SPÖ
66,3 Prozent, ihr Bürgermeisterkandidat allerdings 88,6,
und das lässt sich eben nur
damit erklären, dass viele bewusst ihre beiden Stimmen
gesplittet haben. In elf Gemeinden kommen die Bürgermeister aus der Minderheitspartei. Aber das Stimmensplitting funktioniert natürlich auch in umgekehrter
Richtung. In acht Gemeinden
kann die Mehrheitspartei
nicht den Bürgermeister stellen. Im nordburgenländischen
Zurndorf etwa wählten 48,6
Prozent die SPÖ, der ÖVP-Kandidat erhielt 48,1 Prozent,
fast 14 Prozentpunkte mehr
als seine Partei. Noch deutlicher in Müllendorf, wo 53,3
Prozent der SPÖ die Absolute
zusprachen, mit 50,4 Prozent
gewann allerdings der ÖVP-Kandidat.
Ein ganz erstaunlicher
Trend hat die SPÖ erfasst. Im
Durchschnitt hat sie knapp
vier Prozentpunkte gewonnen. Dort aber, wo Bürgermeister antraten, legte die Partei gleich um acht Prozentpunkte zu. Die Ausnahme ist
Bad Sauerbrunn, wo eine Bürgerliste die Stichwahl erstritt. (DERSTANDARD, Printausgabe,7.10.2002)