
Das Forum und der Messeturm im Hintergrund
Das Fazit, dass Frau Niemeier für die Gegenwart zieht, ist denn doch, gelinde gesagt, verblüffend: Eine "wirtschaftliche Bedeutung" sei "im Hinblick auf Absatzförderung und direkte Geschäftsabschlüsse heute nicht mehr nachweisbar".
Diesem Ergebnis zum Trotz versäumt kaum ein hiesiger Verlag, sein Sortiment in Frankfurt auszustellen. Allein aus Österreich werden auch in diesem Jahr wieder über 160 Editionen ihre Bücher an den Main senden. 6284 Aussteller aus 110 Ländern der Erde werden gründlich gezählte 330.467 Titel zur Schau stellen. Visitenkarten werden in Massen ausgetauscht werden, Kaffees werden getrunken, und das bekannt schlechte Essen wird in ausreichend großen Mengen verzehrt werden, um wenigstens bei den örtlichen Gastronomen den ökonomischen Sinn der Messe nicht infrage zu stellen.
Horrorpreise
Wie überhaupt das Frankfurter Gastgewerbe auf den ersten Blick der unmittelbare Profiteur des Rummels um die Ware Buch zu sein scheint. Seit Monaten sind selbst die muffigsten Hinterzimmerchen zu horrenden Preisen vergeben, weicht der Spätbucher notgedrungen in die umliegenden Gemeinden aus, pendelt nach Aschaffenburg oder nach Offenbach.
Selbst für den Rückgang des Verlagsengagements am Main macht der neue Chef der Messe, Volker Neumann, nun weniger die Rezession als die Frankfurter Hotellerie verantwortlich: Deren verwegene Kalkulation mit Zimmerpreisen von 450 Euro je Nacht trüge maßgeblich die Schuld daran, dass die Zahl der Aussteller im Sinken begriffen sei.
Immerhin 390 deutsche Verleger weniger als im vergangenen Jahr verzeichnet das Messebuch, mithin einen Rückgang von alarmierenden fünfzehn Prozent. Kleinere Verlagshäuser könnten sich, so Neumann, die teure Reise an den Main schlicht nicht leisten. Weshalb er in den nächsten Monaten mit den wenig kompromissbereiten Hotelmanagern verhandeln will und gar droht, nach München zu wechseln.
Ob nun der Hotelpreise wegen oder aufgrund der mangelnden ökonomischen Effizienz: In der Tat weisen die Messebilanzen seit zwei Jahren kontinuierlich abwärts und spiegeln so getreulich die gegenwärtige Krise der deutschsprachigen Medienindustrie. Verlage bleiben fort, andere verringern die Größe ihrer Stände.