Washington - Der Heckenschütze von Washington, der in sechs Tagen sechs Menschen tötete und zwei weitere schwer verletzte, ist nach Ansicht von Kriminalpsychologen ein "ungewöhnlicher Killer". Der Täter passe nicht in die üblichen Muster von Amokläufern und Mehrfach-Mördern, sind sich die Experten einig. Auch die anfängliche These, es müsse sich um einen Jäger, Sportschützen oder jemanden mit militärischer Ausbildung handeln scheint nicht mehr haltbar. Mit einem Gewehr mit Zielfernrohr und etwas Übung könne jeder auf 150 Meter Entfernung gezielt schießen, heißt es in Polizeikreisen. Bei einem typischen Amoklauf wolle der Täter ein vermeintlich an ihm begangenes Unrecht "rächen", Opfer sind daher Arbeitskollegen, Familienangehörige, Mitschüler oder sonstige Bekannte. Auch gezieltes Töten von Angehörigen bestimmter ethnischer Gruppen könne vorkommen, wenn der Täter starke rassistische Vorurteile hege. Die Opfer in Washington sind jedoch willkürlich ausgewählte Männer und Frauen verschiedener Hautfarben. Das bisher letzte Opfer ist ein 13-jähriger Bub. Tathergang folgt nicht dem Schema eines Amoklaufs Auch der Tathergang läuft nicht nach dem Schema eines Amoklaufs ab. Während "normalerweise" die Emotionen des Täters "explodieren" und er meist mit einer automatischen Waffe ungezügelt mehrfach auf Opfer schießt, hat der Schütze von Washington jeweils nur einen einzigen gezielten Schuss abgegeben und ist dann unerkannt geflohen. Hingegen würde ein "typischer Amokläufer" versuchen so viele Menschen wie möglich zu töten, bis er selbst gestellt wird oder sich selber richtet. "Lust am Töten als Sport "Es bleibt nur mehr die Lust am Töten als Sport", meint Strafrechts-Professor James Alan Fox, der mehrere Bücher über Massenmörder geschrieben hat. Hinweise auf ein "Rache-Motiv" gäbe es keine. Fox sieht auch "wenig Wut" beim Mörder, da er kein Blutbad anrichte sondern immer nur auf einen Menschen ziele. "Ich glaube er jagt oder übt Zielschießen mit Menschen". Ein Täterprofil des Heckenschützen hat Raymond Pierce, pensionierter Polizist und "Profiler" der New Yorker Polizei entwickelt. Da dieser sehr kalkuliert vorgehe und vordringlich um seinen Fluchtweg besorgt sei habe er den Bezug zur Realität noch nicht verloren. "Er dürfte eine antisoziale Persönlichkeit haben mit dem starken Wunsch nach Kontrolle und Macht", meint Pierce gegenüber der "New York Times": "Aber er ist nicht psychotisch".(APA)