Sonne & Mond
(BMG/Ariola)

Foto: BMG/Ariola
Georg Danzer präsentierte im Wiener Orpheum seine Rückschau auf 30 Jahre ureigenstes österreichisches Songwriting, das Album "Sonne & Mond". Trotz überkandidelter musikalischer Bandbegleitung zeigt sich: Hier ist noch immer ein ganz Großer am Werk.


Wien - In den USA wird man, wenn man es zu etwas gebracht hat, zum "King of Pop" oder zur "Queen of Soul" geadelt, was auf eine gewisse demokratische Sehnsucht nach imperialer Größe schließen lässt - wofür man aber jetzt eh das britische Inselreich sozusagen im umgekehrt historischen Sinn wieder ehrenhalber in die Staaten eingemeindet hat. Notfalls, es gibt auch Standesunterschiede in der gewöhnlichen Leistungsgesellschaft, schafft man es, wie Bruce Springsteen zum "Boss" ernannt zu werden.

In Österreich verhält sich das ein bisschen anders. Erstens wird man hier erst wirklich geliebt, wenn man auf den Wiener Zentralfriedhof umgezogen ist. Wovon nicht nur Falco ein Lied singen kann. Zweitens versteht man es hierzulande seit jeher, sich mit der Bewunderung für seine Künstler zu Lebzeiten insofern vornehm zurückzuhalten, als diese keinesfalls über einem selbst stehen dürfen. Weil ja eh dann: siehe erstens.

"Wödmasta"

Der österreichische Musiker, der es also - und dies nur in Ausnahmefällen - zu etwas gebracht hat, heißt deshalb nicht "King of Liedermaching", "Queen of Dialektsinging" oder "Wödmasta ". Bei uns heißt einer "Wolferl" wie in Ambros oder eben "Schurl" oder "Schurlibua" wie in Georg Danzer.

Georg Danzer ist wegen der Schöpfung von Wiener Welthits wie Jö Schau oder Der Tschik und vor allem den beiden großen österreichischen Gefühlsverortungen Heit Drah I Mi Ham und A Gulasch Und A Seitl Bier von seinem Publikum längst als "Schurl" in den erweiterten Familienkreis aufgenommen worden.

Und er schafft es in dieser sicher oft auch unangenehmen Rolle als akustisches Inventar von Leuten, die in den 70er-Jahren mit ihm im Radio aufgewachsen sind, würdig zu altern - anders etwa als Wolfgang Ambros, der heute alte eigene Hits wie Schifoan zu Werbe-Jingles für japanische Automarken verhunzt. Am Montag stellte Georg Danzer nun nach sagenhaften 30 Jahren im Geschäft seine neue Live-Doppel-CD Sonne & Mond im Wiener Orpheum vor, eine sehr persönlich gehaltene Rückschau, die mit gut zweieinhalb Stunden Spielzeit nicht nur die großen Hits präsentierte.

Danzer, dessen Karriere in den späten Jahren trotz des Erfolges mit Austria 3 anders als bei Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich nicht in ausverkauften Wiener Stadthallen verläuft, sondern in Kleinkunstlokalen, zeigt dabei auch mit Liedern neueren Datums, dass er eigentlich immer der Talentierteste der großen drei des Austropop ist.

Wenn der Schurl nämlich Songs wie Eigentlich Bin Ich Ein Schwein oder Suche Nette Partnerin Zum Bumsen auspackt, zeigt sich trotz aalglatter und oft überkandidelter Gitarrensolo- und Steffi-Werger-Synthie-Begleitung, dass hier ein ganz Großer des heimischen Songwriting in voller Blüte steht. Insofern muss der Schurlibua auch weiter bei uns wohnen bleiben. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.10.2002)