Ihr fülliges, braunes Haar wird bis auf den Streifen in der Mitte kahl geschoren. Das abgeschnittene Büschel liegt vor der Kandidatin auf einem Teller, darunter ein Stück Butter. Der Moderator winkt mit Geldscheinen in die Kamera, 200 Dollar bietet er ihr unter dem Gejohle des umstehenden Publikums an.

In der Zwischenzeit sind Butter und Haar zu einem faustgroßen Gatschknödel vermengt. Noch immer winken die 200 Dollar vor ihrer Nase. Die Aufgabe besteht in der Einverleibung der vorgesetzten Speise, erst danach gibt es das Geld. Was wird sie tun?

Der Titel der neuen Show des Musiksenders MTV, "I bet you will" (zu Deutsch: "Ich wette, du wirst es tun"), nimmt die Antwort vorweg: Die junge Dame kostet erst ein kleines Stück der Pampe, bevor sie sich kurzerhand das ganze Knäuel in den Mund stopft, es runterschluckt und damit gewährleistet, sich nur einmal anzukotzen.

Medienwächter dürfen sich die Hände reiben: Ungustiöseres war hierzulande im Fernsehen selten zu sehen. Eine Frau isst für 75 Dollar eines anderen Zehennägel, ein Mann verspeist für 200 Dollar lebende Kakerlaken. "Wetten, dass du für 150 Dollar Marmelade von fremden Zehen ablutschst?" Für 150 nicht, für 200 schon.

Man mag über das neue Programm des ORF lästern. Angesichts dieser Bilder sollte das Gesamturteil versöhnlich ausfallen. Denn - obwohl sonst im Kopieren von Formaten privater Sender nicht gerade zimperlich - "I bet you will" hat sich der Küniglberg glücklicherweise nicht zum Vorbild genommen. (prie/DER STANDARD, Printausgabe vom 9.10.2002)