Turin/Mailand - Italiens größter privater Industriekonzern,
Fiat SpA, will das Auto_geschäft endgültig abgeben.
Damit verabschiedet sich die
Unternehmerfamilie Agnelli
nach einer 103-jährigen Präsenz vom Autogeschäft.
Der "nationale Champion"
Fiat Auto soll durch staatliche
Interventionen, durch eine
vorzeitige Beteiligungsaufstockung von General Motors bei
Fiat Auto und mithilfe der
Banken gerettet werden. Dies
hat Ministerpräsident Silvio
Berlusconi mit Fiat-Präsident
Paolo Fresco beschlossen. Zur Diskussion steht die Gründung einer "Newco", einer
neuen Gesellschaft. An dieser
soll sich vorerst der US-Konzern GM zu 40 Prozent, italienische Großbanken zu ebenfalls 40 Prozent sowie der
Staat zu 20 Prozent beteiligen.
GM stockt auf
GM wird damit früher als
geplant seine Beteiligung bei
Fiat Auto von gegenwärtig 20
Prozent aufstocken. Bekanntlich hat der US-Konzern ab
2004 ein Vorkaufsrecht auf die
restlichen 80 Prozent inne.
Die unternehmerische Führung des neuen Fiat-Autokonzerns soll vorerst einmal bei
GM liegen. Die Marke Alfa
Romeo könnte von Fiat Auto
an die vom Verkauf nicht betroffene Sportwagentochter
Ferarri gehen.
Eine Fusion zwischen Fiat
Auto und der GM-Tochter
Adam Opel AG im deutschen
Rüsselsheim stehe danach zur Diskussion, heißt es in regierungsnahen Kreisen, wenn
2004 dann GM komplett die
Anteile übernimmt. Berlusconis Plan zielt aber nicht nur
auf eine Fusion ab, er will
auch den Hauptsitz der dadurch neu entstehenden europäischen Autogruppe in Turin sehen.
Konzernchef angezählt
Die Gerüchte, wonach die
Tage von Fiat-Präsident Paolo
Fresco gezählt sind, werden
indessen lauter. Ihm wird vorgeworfen, durch seine teure
Expansionspolitik (Landmaschinen, Roboter etc.) die Finanzkrise bei Fiat verursacht
zu haben. Auch habe er das
Kerngeschäft, das immer noch
40 Prozent des Umsatzes ausmacht, vernachlässigt.
Fiat wies zur Jahresmitte
Nettoschulden von sechs Mrd.
Euro auf und will diese bis zum Frühjahr 2003 halbieren.
Dafür müssen weitere Beteiligungen veräußert werden.
Ein Euro
Fiat Auto soll angeblich zu
einem symbolischen Preis von
einem Euro abgegeben werden. Der Staat will sich am
Konzern beteiligen, um damit
die Schließung der wenig rentablen Werke in Süditalien
verhindern. Angeblich bestehe ein Plan, diese umzustrukturieren. Es handelt sich dabei
vor allem um das nahe Palermo gelegene Werk von Termini Imerese mit 1900 Jobs.
Vizepräsident Gianfranco
Fini hat die Werkschließungen abgelehnt. Allerdings
stößt die kostspielige Rettung
von Fiat Auto auf Kritik im Regierungslager. Wirtschaftsminister Giulio Tremonti bestätigte, dass im Budget 2003 keine Mittel für Unterstützungen vorgesehen seien. ( Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, Printausgabe 15.10.2002)