Als Jungstar schrieb Peter Handke eine Polemik: für das Straßentheater, gegen die Straßentheater. Er lobte die mögliche Freiheit im möglichen Straßentheater, bekämpfte aber das Traditionelle im wirklichen. So ließe sich auch gegen die Inszenierungen am Theater der Jugend argumentieren: für die Kindertheater, gegen das Kindertheater. Das wirkliche Kindertheater sieht wohl leider so aus, wie jetzt im Renaissancetheater Corinna Jaroschs Inszenierung eines Thomas-Birkmeir-Stücks, das im Kurztitel zusammenfassend "Amadé und Antoinette" heißt. Zum Stück: Von Anton Kuh gibt es eine Glosse zur Ideologie in Volksschullesebüchern: Immer ist der Kaiser tapfer auf der Jagd, immer ist der Wald grün, die Heimat voll von Gämsen und Promis. Und hörten nicht alle in der Volksschule von Mozarts Vorspiel bei Maria Theresia? Die Handlung wurde einfach variiert: Bei Birkmeir treffen einander vor dem Vorspiel (nicht dem sexuellen: absolut jugendfrei!) die Kinder Wolfgang und Marie-Antoinette im Schönbrunner Park. Sie geraten in die Fänge einer Königin der Nacht, werden aber, dank blauem Wundervogel, befreit. In diesem Verschnitt von Bildungsgut ("Zauberflöte" light) lässt Jarosch die Spieluhr ablaufen. Es ist jetzt nicht so, dass Kindern das nicht auch gefiele. Aber warum wird immer (Erwachsenen-)Bildung in Kinderseelen implantiert? (DER STANDARD, Printausgabe, 15.10.2002)