Frankfurt - Die Europäische Zentralbank hat ungewöhnlich
scharfe Kritik an Euro-Staaten mit hohen Haushaltsdefiziten, darunter
auch Deutschland, geübt. "Der Hauptgrund dafür, dass einige Länder
zurzeit mit Haushaltsproblemen zu kämpfen haben, liegt darin, dass es
diesen Ländern nicht gelungen ist, das höhere Wachstum der
Vergangenheit für eine spürbare Verbesserung ihrer Haushaltsposition
zu nutzen", schrieben die Währungshüter in ihrem aktuellen
Monatsbericht.
Der deutsche Finanzminister Hans Eichel hatte erst am Mittwoch
einräumen müssen, die Drei-Prozent-Grenze bei Staatsdefizit auf Grund
eines Milliardenlochs im laufenden Etat nicht einhalten zu können.
Die EZB erklärte, es sei unerlässich, dass sich alle Länder mit
bestehenden Ungleichgewichten verbindlich dazu verpflichteten,
übermäßige Defizite zu vermeiden und nahezu ausgeglichene oder einen
Überschuss aufweisende Haushalte zu erreichen. Die EZB kritisierte,
dass die Fristen für die Konsolidierung bereits verschoben seien
wurden. Nun zeige sich jedoch, dass die Länder, für die die Frist bis
2003/04 verlängert worden sei, die Zeit nicht genutzt hätten, um ihre
Finanzen zu sanieren.
"Die derzeitige Lage der Staatsfinanzen einiger Länder ist auch
teilweise das Ergebnis von zu optimistischen Wachstumserwartungen und
- als Folge davon - unzureichend ehrgeizigen
Konsolidierungsanstrengungen", bemängelte die EZB. Zugleich warnten
die Währungshüter davor, die Haushalte durch den Verkauf von
Vermögenswerten zu sanieren. Dies führe nur zu kurzfristigen
Entlastungen.
Verärgert zeigten sich die Währungshüter, dass einige Länder ihre
Schätzungen zur Haushaltsentwicklung nach unten revidieren mussten
und die Prognosen erst sehr spät einreichten. "Unpräzise Prognosen
verzögern die Umsetzung politischer Maßnahmen und untergraben die
Wirksamkeit multilateraler Überwachungsverfahren", erklärte die EZB.
Zugleich traten die Währungshüter der Kritik entgegen, die
Haushaltskonsolidierung gefährde die Konjunkturentwicklung. Auf
mittlere Sicht belaste ein Konsolidierungskurs keineswegs die
Aussichten für das Wirtschaftswachstum, sondern sorge vielmehr für
finanziellen Gestaltungsspielraum. (APA/AP)