Manfried Welan

Bundeskanzler Viktor Klima hat am Sonntag in der ORF-Pressestunde einer "Streichung" des Proporzes zugestimmt.

Doch der Proporz hat viele Erscheinungsformen. Besonders wichtige sind im österreichischen Verfassungsrecht festgelegt. So ist etwa das Wahlrecht auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene proporzmäßig fixiert.

Das gleiche gilt für die Bestellung des Bundesrates. Und bis vor kurzem war auch in den Landesverfassungen (mit Ausnahme Vorarlbergs) dieses Prinzip für die Zusammensetzung der Landesregierungen festgeschrieben.

Im Bundesverfassungsgesetz ist weiters verankert, dass im Gemeinderat vertretene vertretene Wahlparteien nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand haben und dass auch die Mitglieder der Landesschulräte und Bezirksschulräte sowie des Landesschulrates von Wien nach dem Parteienproporz zu besetzen sind, was zur vielerseits beklagten "Herrschaft der Parteien" über die Schule führte.

Außerdem wurde früher in Konventionen und Koalitionspaketen der bei den Wahlen erzielte Proporz generell auch für die Besetzung der den Parteien zugänglichen Stellen festgelegt.

Das reichte vom Verfassungsgerichtshof über die Verwaltung bis hinein in die Wirtschaft (insbesondere die verstaatlichte Industrie) und den ORF, und daran hat sich trotz Privatisierung diverser Staatsbetriebe bis heute wenig geändert, nur dass außerhalb des Bundes die jeweils führende Fraktion in den ihr zugänglichen Bereichen dominiert.

Umso mehr ist es zu begrüßen, dass Peter Kostelka und Andreas Khol nun einen Entwurf zur Objektivierung der Postenvergaben im Bundesbereich ausgearbeitet haben - in dem derzeit allerdings noch der Schulbereich ausgeklammert ist.

Im übrigen kann so ein Konzept natürlich nie ganz konsequent umgesetzt werden, zumal der in der Verfassung festgelegte Proporz (siehe oben) immer auch Konsequenzen für alle anderen Bereiche hat.

DDr. Manfried Welan ist Vizerektor und Professor für Rechtslehre an der Universität für Bodenkultur, Wien.