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Aktivisten der montenegrinischen "Koalition für den Wechsel" schmähten Präsident Milo Djukanovic als Mafiaboss, der "internationales Gesindel" anlocke.

Foto: APA/EPA / KOCA SULEJMANOVIC
"Präsident Milo Djukanovic ist ein Mafiaboss", schrieen die Führer der föderalistischen "Koalition für den Wechsel" und des sezessionistischen Liberalen Bundes (LSCG) unisono während der Wahlkampagne. Montenegro sei unter Djukanovic eine "Oase für Schmuggler, internationales Gesindel und organisiertes Verbrechen" geworden. Der "Diktatur" des Präsidenten und seinem "Polizeistaat" müsse man ein Ende setzen. Djukanovics Schergen würden von Haus zu Haus gehen und den verarmten Bürgern Geld geben, damit sie für ihn stimmten. Mit seinem "schmutzigen Geld" werde Djukanovic die "Seele der Montenegriner" aber nicht kaufen können. Doch Djukanovic bleibt seinen politischen Feinden nichts schuldig und bezeichnete sie als "Schakale", die um der Macht willen selbst mit dem "Teufel einen Pakt schließen" würden. Seine bisherigen Verbündeten von der LSCG beschimpft Djukanovic als "geldgierige Verräter". Nie zuvor war der Überlebenskünstler Djukanovic in einer so schwierigen Situation. Seit elf Jahren zieht er die Fäden in Montenegro, zuerst als Ministerpräsident - es war der erste Job im Leben des damals 29-Jährigen - und dann als Präsident. Djukanovic hat die Spaltung seiner eigenen Partei und den offenen Kampf gegen Slobodan Milosevic mit verschiedenen Koalitionspartnern und durch die Unterstützung des Westens heil überstanden. Regierungskrise Die akute Regierungskrise löste vor zwei Jahren die projugoslawische Volkspartei (NS) aus, als sie die Koalition mit Djukanovic wegen seines harten sezessionistischen Kurses verließ. Die Minderheitsregierung blieb durch die Unterstützung der orthodox-sezessionistischen Liberalen erhalten. Als Djukanovic unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft letztendlich das Belgrader Abkommen mit Serbien über einen gemeinsamen Staat unterzeichnen und auf das Referendum über die Unabhängigkeit verzichten musste, untersagten auch die Liberalen der Minderheitsregierung die Unterstützung. Die fanatischen, projugoslawischen Föderalisten - einst die Verbündeten von Milosevic - und die radikalen Sezessionisten bildeten eine "Anti-Djukanovic-Koalition". Die neue Parlamentsmehrheit übernahm die Kontrolle über die staatlichen Medien, veränderte blitzschnell die Wahlgesetze und schrieb vorgezogene Parlamentswahlen für den 20. Oktober und Präsidentenwahlen für den 22. Dezember aus. "Djukanovic hat sowohl die Liberalen wie auch uns hintergangen", erklärt Dragan Soc, Vorsitzender der NS, die sich der "Koalition für den Wechsel" angeschlossen hat. Gemeinsam mit den Liberalen wollten sie gegen Djukanovics "Willkür", "Vetternwirtschaft", "Korruption" und das "organisierte Verbrechen unter der Obhut des Staates" kämpfen. Die Frage der Selbstständigkeit Montenegros, auf die Djukanovic geschworen hatte, erwähnt die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) des Präsidenten kaum noch. Der "Unabhängigkeitstraum" scheint nach der Wende in Serbien und vor allem durch den massiven Druck der EU vorerst ausgeträumt zu sein. Die fatalistische Feindseligkeit zwischen den zwei fast gleich starken Blocks ist jedoch geblieben. Und diese Spannung überträgt sich auch auf die Bevölkerung. (DER STANDARD, Printausgabe, 19./20.10.2002)