Der laufende Wahlkampf ist für so genannte Intellektuelle oder jene, die sich dafür halten, ziemlich bitter. Schließlich ist der Lieblingsfeind in der Versenkung - oder besser in Kärnten - verschwunden. Und News ist sein zugkräftigstes Covermodel, Jörg Haider, vorläufig los.Tatsächlich bekommt die FPÖ derzeit keinen Fuß auf den Boden. Sie ist gleich mehrfach in der Bredouille: Wer wieder Regierungspartei werden will, kann nicht der reinen Lehre des Populismus anhängen. So würden die blauen Kernwählerschichten in der Europapolitik ein "Veto unter allen Umständen" sicherlich besser verstehen als das jetzige "EU-Erweiterung: ja, aber". Weil sich Haider außerdem selbst gesprengt hat, kann die FPÖ auch nicht mehr den beliebten Zweifrontenkurs fahren: hie der Mann fürs Grobe (und für den Wahlkampf), dort die seriöse Regierungsfraktion. Gleichzeitig haben sich die Neomedienstars Riess-Passer und Grasser zu Auslaufmodellen deklariert. Die FPÖ ist überdies direkt - nämlich in der Person des Sozialministers - für Maßnahmen zuständig, die sich von der Opposition öffentlichkeitswirksam anprangern lassen, siehe Ambulanzgebühr. Und angesichts der Asylpolitik des Innenministers scheint es den Freiheitlichen überhaupt die Rede verschlagen zu haben. Dieses Feld ist kaum mehr zu beackern. Für die ÖVP hat die Zertrümmerung des Koalitionspartners (statt des angepeilten sanften Sinkfluges) bereits beängstigende Ausmaße angenommen. Schließlich könnte sich damit eine Neuauflage von Schwarz-Blau knapp nicht mehr ausgehen. Worüber also werden heimische Denker in Zukunft schreiben können? Vielleicht doch wieder über Jörg Haider. Er könnte am 24. November aus der Asche seiner Partei wieder auferstehen. Doch sein Lack ist voraussichtlich für immer ab. (DER STANDARD, Printausgabe, 19/20.10.2002)