Wien - "Natürlich beruht der Corporate-Governance-Kodex nur auf Freiwilligkeit. Dennoch wird er eine Sogwirkung auslösen und die Beziehungen zwischen Unternehmen, Investoren und Internet revolutionieren", sagt Rupert-Heinrich Staller, der in dem Arbeitskreis für Corporate Governance des Kapitalmarktbeauftragten Richard Schenz mitarbeitet. Zur Erinnerung: Der "Wohl- verhaltenskodex", der seit 1. Oktober Gültigkeit hat, soll das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt stärken; Firmen, die sich dem Kodex unterwerfen, zeigen Transparenz. Regeln für das Netz Eine ganze Reihe von Regeln und Empfehlungen im Kodex betreffen dabei das Internet. "Wir haben absichtlich die Websites der Unternehmen zum Zentrum der Investor Relations gemacht. Es kommt zu einer zeitgleichen identen Information aller Beteiligten", sagt Staller. Auch diverse Möglichkeiten zum Herunterladen von Unterlagen wie Geschäftsberichten werde die Investor-Relations-Arbeit verändern, ist Staller überzeugt. Schon jetzt bieten diesen Service viele börsennotierten Unternehmen an. Allerdings "will der Aktionär trotzdem weiterhin einen gedruckten Geschäftsbericht", weiß Isabel Eissler, IR-Verantwortliche bei Do & Co. Überhaupt hätten gerade die Unternehmen im Prime Market viele Vorgaben des Kodex bereits vorweggenommen. Umsetzungen Rund 40 Unternehmen werden sich dem Kodex unterwerfen, schätzt Staller. Spätestens bei der kommenden Berichtssaison im Frühjahr werde man die Umsetzung auf den Webseiten nachvollziehen können. Der Investor-Relations-Manager Randolf Fochler bei Böhler-Uddeholm glaubt, dass die Unternehmen im Prime Market eine Art Vorbildwirkung auf die anderen Marktsegmente haben werden. Der administrative Mehraufwand, den Aufbau und Pflege der IR-Seiten im Web benötigen, stehe zumindest für die ATX-Unternehmen in einem gesunden Verhältnis, meint Fochler. Schließlich könne man sich dadurch beim "Wettbewerb im Kapitalmarkt" gut positionieren. Technologische Zukunft Die Bereiche, die für Unternehmen eventuell zu besonders hohen Kosten führen können, wurden wohlweislich im Kodex nur empfohlen, sind aber die technologische Zukunft: Audio- oder Videoübertragungen anlässlich von Analysten- oder Investorentreffen beispielsweise müssen nur gemacht werden, "soweit sie wirtschaftlich vertretbar sind". Auch seien solche Webangebote noch nicht wirklich komfortabel, weiß Eissler aus eigener Erfahrung. Geplant ist, den Kodex regelmäßig anzupassen. Staller sieht schon ein "erstes Rating" nach den Corporate-Governance-Kriterien voraus. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Printausgabe 29.6.2002)