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foto: apa/dennis
Wien - Rund zwei Monate vor dem Start der Abfertigung neu, von Regierung und Sozialpartnern gerne als "Jahrhundertprojekt" bezeichnet, rauchen bei Personalchefs, Betriebsräten und Anbietern der Mitarbeitervorsorgekassen (MVK) die Köpfe. "Ich rate niemandem, das in den nächsten Wochen anzugehen, bevor nicht Rechtssicherheit besteht", sagte Ferdinand Kernbauer, Vorstand der Victoria Volksbanken MVK auf einer Großveranstaltung des Seminar-Anbieters Business Circle.

  • Die Auswahl einer der acht MVK, die ab 2003 die monatlichen Dienstgeberbeiträge auf dem Kapitalmarkt veranlagen sollen, ist ein höchst komplexes Unterfangen - Konditionenvergleiche sind nur Spezialisten möglich. So wird etwa eine Zinsgarantie von drei Prozent, die die Raiffeisengruppe (ÖVK) anbietet, von Mitbewerbern als "Marketingschmäh" kritisiert. Nicht nur gilt die Garantie lediglich bis 2005, dem Jahr, in dem frühestens die ersten Entnahmen schlagend werden. Auch wird die Zinsgarantie nicht auf die Beiträge, sondern auf die Beitragssumme nach Abzug der rund dreiprozentigen Verwaltungskosten gewährt.
  • Dazu kommt ein nicht abschätzbares Element in den Konditionen, die so genannten "Barauslagen", worunter etwa Sonderspesen für Fondsmanager fallen. Diese Barauslagen dürften teilweise den Betrieben rückverrechnet werden, teilweise wie andere Gebühren aber direkt von den Beiträgen für die Dienstnehmer abgezogen werden.
  • Auch nach wie vor fehlende Durchführungserlässe des Wirtschafts- und Finanzministeriums nerven die MVK. Außerdem rechnen die Kassen mit baldigen Novellierungen durch die künftige Regierung, etwa in der Frage, was mit kollektivvertraglich abgesicherten höheren Abfertigungsansprüchen bei Banken, Energieversorgern oder der OMV zu geschehen hat.
Die Folge: Kaum eine MVK rechnet mit großen Übertragungen von Altansprüchen bereits 2003, was aber die Voraussetzung dafür wäre, mit größeren Investitionsvolumina auf Renditejagd zu gehen. Vom politisch versprochenen Renditeziel von sechs Prozent ist man nicht zuletzt aufgrund der gesetzlich verankerten Kapitalgarantie meilenweit entfernt. "Drei bis vier Prozent" werden nun als realistischeres Renditeziel genannt. Die Frage, wie die MVK die Kundengelder veranlagen werden, ist angesichts der Börsenturbulenzen der jüngsten Zeit geklärt. Gesetzlich darf bis zu 40 Prozent in Aktien investiert werden, die MVK werden aber fast ausschließlich Anleihen und Festgeldanlagen kaufen. Lediglich Markus Zeilinger, Vorstand der Bonus MVK (Zürich/Generali) gab sich "mutig" und will bis zu 15 Prozent in Aktien gehen. (miba/DER STANDARD Print-Ausgabe, 31.10.2002)