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Es ist unmöglich, von Franz Beckenbauer nicht beeindruckt zu sein. Fast so unmöglich, wie es Franz Beckenbauer ist, nicht von Bayern München beeindruckt zu sein. Derzeit ist Beckenbauer, der seine Elf einmal "Scheißmannschaft" hieß, wieder erzürnt. Schließlich haben ihm seine über die Grenzen Bayerns beliebten Kicker 30 Millionen Euro gestohlen, als sie am Dienstag mit einem 1:2 bei La Coruna das frühestmögliche Scheiden von der Champions League wählten. Der Fußballverein, der seit Frühjahr 2002 eine AG ist, wird es überstehen. An der (noch) nicht börsennotierten AG hält Adidas, der deutsche Sportartikelhersteller, für rund 75 Millionen Euro zehn Prozent. Franz Beckenbauer gibt den Aufsichtsratsvorsitzenden der AG, die den Bau der Münchner "Allianz-Arena" finanziert, welche Bayern München und ihrem armen Stadtrivalen 1860 eine Heimstatt bieten wird. Am Stadion beteiligt sich der deutsche Versicherungskonzern Allianz, dessen größtes Problem, die Suche nach Anlagemöglichkeiten für seine mehr als flüssigen Mittel, auch durch die Mitfinanzierung einer Sportstätte um rund 280 Millionen Euro nur für kurze Zeit gelindert wird. Es gibt viele Gründe für den Erfolg von Bayern München, beispielsweise die Vereinigung von Managergeschick und Fußballfachwissen im Kopf des Managers Uli Hoeneß, im Ellbogen von Robert Schwan, der Beckenbauer und den Verein pushte, in der Klasse der Mannschaft, in der Hilfsbereitschaft der lokalen Politik. Alle diese Gründe sind gut, aber nicht ausreichend. Wenn Beckenbauer, der Fußballer und später der Funktionär, nicht gewesen wäre, würden die Bayern wohl noch immer rein bayrisch sein. Beckenbauer ist der Grund für alles, er hat in Deutschland einen Grad der Glaubwürdigkeit erreicht, gegen den Bismarcks Ruf ein Hilfeschrei im finsteren Wald war. Beckenbauer kann in den Augen der Deutschen alles, und er kann sich alles erlauben, es schlägt ihm stets zum Guten aus. Beckenbauer hat nach einer turbulenten Weihnachtsfeier mit einer offensiven Vereinssekretärin vor drei Jahren einen zweijährigen Thronfolger namens Joel. Er will sich laut seiner Mutter Antonia (88) mit seiner Frau Sybille vorm Weihnachtsbaum wieder aussöhnen. Es wird ihm gelingen, weil er es will, so wie er es schaffen wird, die Bayern dank AG, Sponsorenbeteiligung, eigenem Stadion, TV-Lizenzen, Europacup-Antrittsgarantien und Abonnenten von so nicht kalkulierbaren Nebensachen wie der sportlichen Performance unabhängig zu machen. Wenn seine Kicker schlecht spielen, gewinnt Beckenbauer, der Exlibero, erst recht an majestätischem Charme. Und wenn er erst einmal FIFA-Präsident ist, werden die UNO und Bush aufpassen müssen.