Brüssel - Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) wäre bereit,
über eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer auf 30 Prozent
"nachzudenken", um dem Zwang in der EU zum Austausch von
Informationen über Sparerträge zu entgehen. Wenn "die letzte
Möglichkeit" für einen Kompromiss "darin bestünde, die Quellensteuer
auf 30 Prozent zu erhöhen, dann kann man darüber nachdenken", sagte
Grasser am Dienstagabend in Brüssel nach Beratungen der
EU-Finanzminister.
Druck wächst
Die Finanzminister der EU-Staaten haben sich vor zwei Jahren in
Feira das Ziel gesetzt, langfristig gegenseitig Informationen über
Sparerträge auszutauschen, allerdings unter der Bedingung, dass
Drittstaaten wie die Schweiz gleichwertige Maßnahmen ergreifen. Im
Dezember soll die endgültige Entscheidung dazu fallen. Neben
Österreich lehnen auch Luxemburg und Belgien den Übergang auf den
automatischen Informationsaustausch ab, sagte Grasser. Der
Druck auf diese drei Länder, dem automatischen Informationsaustausch
zuzustimmen, werde bei der nächsten Finanzministersitzung im Dezember
sehr groß sein, erwartet Grasser.
Österreich will den Mitgliedsländern die Wahl lassen, ob sie
Informationen weiter geben oder ob sie eine Quellensteuer einheben,
um die Besteuerung aller Sparerträge sicher zu stellen.
"Die Schweiz macht nicht mit"
Aus Sicht Grassers, der bereits am Vormittag ausgeschlossen hatte
dem automatischen Informationsaustausch unter den aktuellen
Bedingungen zuzustimmen, ist die Schweiz nicht zu "gleichwertigen"
Maßnahmen bereit. Die Eidgenossen wollen nur eine Quellensteuer
einheben und Informationen über Konten nur bei Verdacht auf
Steuerbetrug öffnen. Aus Sicht Österreichs wäre aber nur die
Einbindung der Schweiz in den automatischen Informationsaustausch
"gleichwertig". "Aus heutiger Sicht ist klar: Die Schweiz macht nicht
mit", so Grasser.
Österreich wäre auch bereit, die Erträge aus der Quellensteuer mit
den anderen Mitgliedsländern zu teilen, wiederholte Grasser ein seit
Jahren geltendes Angebot.
Die Finanzminister führten am Dienstag im kleinen Kreis eine Diskussion
über die Zukunft der Quellensteuer. Die EU-Kommission verhandelt
weiter mit der Schweiz, um doch noch einen Kompromiss zu finden, hat
aber nicht mehr das Ziel, Bern zum automatischen
Informationsaustausch zu bewegen. Das Angebot, nur bei Steuerbetrug
nicht aber bei Steuerhinterziehung Konten von EU-Bürgern zu öffnen
geht der EU-Kommission aber nicht weit genug. (APA)