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... auch wieso: Sonst würde er die überstandigen Freiheitlichen nicht so lange zappeln lassen, ehe er bekannt gibt, ob er gedenkt, Wolfgang Schüssels dolchstoßlegendäres Angebot anzunehmen oder ihm rät, sich hinwegzuheben. Und Haider muss es ja wissen. Er hat Grasser seinerzeit zum Finanzminister gemacht, weil er ein gestandener Freiheitlicher war. Jenseits dieser wenig erheblichen Ungewissheit bliebe nun nur noch zu klären, ob Grasser je ein gestandener Finanzminister war. Für die "Kronen Zeitung" kann es da gar keinen Zweifel geben, schließlich konnte sich das Blatt nicht zu knapp mehrseitiger Inserate erfreuen, in denen das Finanzressort das Genie seines Chefs pries.
Kein Wunder daher, dass die "Krone" am Samstag Schüssels konkretes Angebot auch zu ihrem machte und ultimativ den Aufmacher formulierte: "Grasser soll Minister bleiben". Und ein anderes Schoßkind des Herausgebers, der niederösterreichische Landeshauptmann, durfte einen Tag später einmal nicht als Baumretter auftreten, sondern als Wegweiser ins Absurde. Erwin Pröll gibt die Richtung vor: Große Koalition plus Grasser . . . hieß es, wieder auf Seite 1. Im Blattinneren wurde Pröll gar als Besitzer einer Geheimformel ausgewiesen, die sich zufällig exakt mit der Formel deckt, die auch der "Krone"-Chef an die große Glocke hängt: Prölls "Geheimformel" lautet: Große Koalition plus Grasser!
Auch mit Hans Dichand im Rücken hat er es in diesen Tagen nicht leicht. Landeschef Pröll, einer der einflussreichsten Politiker der ÖVP, nippt mit sorgenumwölkter Stirn an einer Schale Kaffee, und das gleich zu Beginn eines "Krone"-Gesprächs. Das ist verständlich, weiß er doch noch immer nicht, ob Grasser seiner Geheimformel Leben einzuhauchen gedenkt. "Ich bin überzeugt, dass er so viel staatspolitische Verantwortung hat, den Verlockungen der Privatwirtschaft - eine dreimal so hohe Gage - zu widerstehen und sich der Republik weiter zur Verfügung stellt." An der staatspolitischen Verantwortung Grassers zu zweifeln, besteht kein Grund. Wer in der Privatwirtschaft sollte schon bereit sein, für Männerschönheit das Dreifache eines Ministerbezuges auf den Tisch zu legen? Schon gar nicht, wenn er, entscheidungsschwach, noch lange braucht, in Schüssels Angebot die Verlockung zu erkennen.
Leicht ist das bestimmt nicht, denn dieses Angebot kam ja nicht von irgendwem, sondern von einem Kanzler in der Mauser seines Lebens. Kanzler Schüssel, so informierte die "Kro- ne" am Samstag in der Rubrik Politik inoffiziell, mausert sich langsam zum Clausewitz der Politik. Dieser Witz ist die Fortsetzung der österreichischen Politik mit den journalistischen Mitteln, die dem Kleinformat zur Verfügung stehen. Sein neuester Überraschungscoup 14 Tage vor der Wahl - den letzten landete er, als er die Wahl vorzeitig vom Zaun brach - war ebenso waghalsig wie durchdacht. Verzweifelt wäre wohl der treffendere Ausdruck.
Waghalsig war höchstens die Behauptung des inoffiziellen Analytikers, Karl-Heinz Grasser hat sich immer als Fach- und nie als Parteiminister verstanden. Das anerkennen selbst politische Gegner. Obwohl politische Gegner, ist das bis vor kurzem nicht einmal der gewiss regierungskritischen Knittelfeld-Fraktion in der FPÖ aufgefallen. Sogar sie dürfte mit der Parteiverbundenheit zufrieden gewesen sein, die der Fachminister bei der Personalpolitik in seinem Ressort zeigte.
Aber es wäre nicht die "Krone", wenn sie in Zeiten, in denen schon wieder einmal niemand auf sie hören wird, nicht noch eine Geheimformel im Köcher hätte. Auch einem anderen Freund des Hauses stehen große Zeiten bevor, aber nur wenn man dem USA-Korrespondenten Hans Janitschek glaubt. Ob nun die Demokraten oder Republikaner im Senat die Mehrheit haben, eines steht fest: am politischen Firmament Amerikas steht seit Dienstag ein neuer Fixstern, der das Land in den nächsten Jahren in seinem Bann halten wird: Arnold Schwarzenegger.
Neben der "Kronen Zeitung" bescheinigt niemand Geringerer als die "New York Times" dem austro-amerikanischen Filmhelden, dass er die "besten" Chancen hat, der nächste Gouverneur von Kalifornien und damit einer der zehn wichtigsten Politiker Amerikas zu werden. "Nur seine ausländische Geburt hält ihn dann von einer Kandidatur für das Weiße Haus ab", erklärte der amerikanische Historiker Arthur Schlesinger der "Krone". Ein schwerer Mangel der amerikanischen Verfassung, hätte doch der steirische Terminator mit Saddam Hussein und seinem Kärntner Komplicen nicht so viel Federlesens gemacht wie dieses Weichei Bush.
Politische Beobachter glauben auch, dass die demokratische Kennedy-Familie - er ist mit einer Nichte von Präsident Kennedy, Maria Shriver, verheiratet - inzwischen ihren Widerstand gegen eine Kandidatur aufgegeben hat. "Arnie ist kein rabiater Republikaner, der mit dem Säbel rasselt", hieß es kürzlich in der konservativen Zeitschrift "American Conservative". "Er ist ein Mann der Mitte und auch viele Demokraten werden für ihn stimmen."
Er ist eben so ein "Krone"-Typ wie Karl-Heinz Grasser. Der ist auch kein rabiater Freiheitlicher, sondern irgendwie ein Mann der Mitte. Aber hätte Schüssels Mauser wirklich einen Clausewitz hervorgebracht, er hätte seinen Überraschungscoup besser durchdacht und gleich Arnie eingeladen, das Finanzressort zu übernehmen. Da wäre Gusenbauer mit seinem Broukal schön dagestanden. (DER STANDARD, Printausgabe vom 12.11.2002)