Sieben Wochen lagen die letzten beiden Großkundgebungen auf dem Stephansplatz auseinander. Der zeitliche Abstand ist wohl auch Symbol für den gesellschaftlichen. Die Medien sind so etwas wie der Briefkasten geworden, in dem die einen die Post für die anderen hinterlegen. Und wie man lesen kann, lässt man einander nicht gerade Freundliches ausrichten. Die Neigung zur Abgrenzung gegeneinander wächst. Je weiter voneinander entfernt, desto klarer und schärfer der Standpunkt.
Man misstraut einander fundamental, und man traut einander obendrein allerhand zu. Und man wirft einander, teilweise unausgesprochen, viel mehr vor als nur verschiedene Standpunkte zur Frage der besten Ausländerpolitik. Allerlei persönliche, lebensgeschichtliche und gesellschaftliche Frustration ist da mit aufgesattelt.
Die Frage ist, ob wir nicht schon viel zu weit auseinander gedriftet sind - lange Zeit, ohne es bemerkt zu haben. Noch mehr Zeit geht aber verloren, wenn weiterhin mit Vorliebe über einander diskutiert statt miteinander diskutiert wird. Was Not tut, ist ein Versuch, miteinander wieder auf tatsächliche Hörweite zu kommen und nicht nur auf massenmediale, aus einer Zuruf-Gesellschaft zu einer demokratischen Diskussionskultur zu finden. Ohne zu verschweigen, was gesagt werden muss.
Im kleinen Kreis sind dazu schon einige, sehr konkrete Ideen entstanden: Diskussionen außerhalb der "geschützten Bereiche", Rückenwind für eine positive Verständigung in der "Ausländer-Frage" durch Basisengagement von Sympathieträgern aus allen gesellschaftlichen Bereichen.
Mal sehen, ob sich dafür auch genug Mitkämpfer finden lassen. Mit genug Ausdauer. Denn wer sich auf die Diskussionsdirettissima einlässt, kommt nicht so schnell wieder heraus. Und es wird viel Kraft kosten, den Populisten und den Eierwerfern das Wasser abzugraben.
Letztgenannte werden übrigens nicht ruhen, diesen Versuch zu diskreditieren. Also wird es nicht nur um das Comingout, sondern auch um das Standing gehen.