Deutscher Historiker kritisiert Bombardierung deutscher Wohngebiete durch die Aliierten und löst damit Debatte aus
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Winston Churchill, Franklin D. Roosevelt, Josef Stalin, hier in Yalta anno '45. Waren sie gar "Kriegsverbrecher"?
London - Der Historiker Jörg Friedrich hat mit seinem
Buch "Der Brand: Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945" eine britische
Debatte über die Bombardierung deutscher Städte ausgelöst. Der Autor
Mark Connelly, Dozent an der englischen Universität von Kent, rief
Großbritannien und die USA am Dienstag dazu auf, sich selbstkritisch
mit ihren Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg zu beschäftigen.
"Vielleicht ist es für uns an der Zeit, unser Bedauern auszudrücken",
sagte er. Die Deutschen hätten ihre Schuld ja bereits offen
eingestanden.
Connelly, der selbst ein Buch über die britischen Bombardierungen
veröffentlicht hat, bestätigte Friedrichs Darstellung, wonach die
Alliierten gezielt Wohngebiete bombardierten. "Es besteht kein
Zweifel daran, dass die Bombardierung von Zivilisten absichtlich
erfolgte", meinte er. Die Alliierten hätten dies in der Hoffnung
getan, Deutschland ohne eine Invasion zur Beendigung des Krieges
zwingen zu können.
"Ums Überleben gekämpft"
Dagegen sagte Adrian Gregory, ein Historiker der Universität
Oxford, Deutschland habe vom Beginn des Krieges an bewusst Zivilisten
bombardiert, etwa in Warschau. "Vielleicht kann man die Frage
aufwerfen, ob die britische Regierung (in der Frage der
Bombardierungen) nicht höhere moralische Maßstäbe als das Dritte
Reich hätte anlegen müssen, aber wir haben damals schließlich um
unser Überleben gekämpft."
Der britische Historiker Anthony Beevor warf den Deutschen vor,
den "Bombenterror erfunden" zu haben. "Man kann natürlich darüber
diskutieren, ob Bombardierungen grundsätzlich zu rechtfertigen sind,
aber wenn die Deutschen jetzt behaupten, dass Churchill ein
Kriegsverbrecher gewesen sei, dann geht das wohl etwas zu weit",
meinte er. (APA/dpa)
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