Josef Pühringer: "Eine große Koalition alten Stils ist genauso unmöglich wie eine Knittelfeld- Koalition"

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Auch wenn OÖ-Landeshauptmann Josef Pühringer (VP) sagt, mit den Grünen wäre eine ökosoziale Politik denkbar: Er gilt dennoch als Freund einer großen Koalition. Dafür müsste es aber scharfe Spielregeln geben, sagt Pühringer zu Martina Salomon.
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STANDARD: Die ÖVP sagt: keine Koalition mit den Knittelfeldern. Aber gibt es in der FPÖ noch Funktionäre, die nicht mit Knittelfeld zu tun haben? Pühringer: Es ist richtig, dass diejenigen, die für den bisherigen Regierungskurs gestanden sind, derzeit nicht den Ton angeben. Wir werden uns anschauen, wer in den Tagen nach dem 24. November die FPÖ ist. STANDARD: Wie schätzen Sie Herbert Haupt an? Pühringer: Er steht sicher Haider näher als den Reformkräften. Das hat mich etwas überrascht, weil er die Regierungspolitik der Susanne Riess-Passer mitgetragen hat. STANDARD: Warum schließt die ÖVP eine Zusammenarbeit mit den Grünen eher aus? Pühringer: Das tue weder ich noch die ÖVP. Wir warnen vor Rot-Grün aus ideologischen Gründen. Aber es ist bedauerlich, dass die Frau Abgeordnete Glawischnig die ÖVP als rechtsradikale Gruppe bezeichnet hat. STANDARD: Sie hat es relativiert. Pühringer: Richtig. Aber die Signale, die von den Grünen zu uns gekommen sind, waren eher ablehnender denn einladender Natur. Ich schließe niemanden aus. STANDARD: Wäre mit den Grünen eine ökosoziale Marktwirtschaft machbar? Pühringer: Es gibt mit den Grünen ganz sicher Deckungsflächen in einer ökosozialen Politik, aber es gibt auch Dinge, die absolut konträr sind, etwa die Drogenpolitik. STANDARD: Ist Ihnen die SPÖ in letzter Zeit sympathischer geworden? Pühringer: Als g’standenem Schwarzen ist mir ehrlich gesagt nur die ÖVP sympathisch. STANDARD: Da müssen Sie eine Minderheitsregierung machen. Pühringer: Jetzt ist keine Zeit für Experimente. Das wäre eine Notlösung, die man nie ganz abschreiben darf, aber sicher kein Wunschprojekt. STANDARD: Wo gibt’s Knackpunkte mit der SPÖ? Pühringer: Wir stehen für eine Politik der ausgeglichenen Budgets und sind für eine Politik auf Pump nicht zu haben. Wir stehen für einen starken Föderalismus im Gegensatz zur SPÖ, die immer vergisst, dass es neben Wien noch acht Bundesländer gibt. Wir stehen für Dezentralität - zum Beispiel für die Bürgerbehörden Bezirkshauptmannschaft, die Gusenbauer abschaffen will. STANDARD: Es herrscht Misstrauen. Ist es schwer, wieder zusammenzufinden? Pühringer: Eine große Koalition alten Stils ist genauso unmöglich wie eine Knittelfeld- Koalition. Ein Coup wie die Bank Austria (Fusion mit der "schwarzen" Creditanstalt ohne Wissen der ÖVP 1997, Anm.), der ausschließlich politische Handschrift trug: Solche Dinge darf’s in einer neuen Koalition nicht geben. STANDARD: Wie wäre das zu verhindern? Pühringer: Indem man einen guten Koalitionspakt macht, wo man sich über Grundsätze einigt, und das in einer Schärfe, dass der politische Partner wissen muss: Wenn ich mich an gewisse Spielregeln nicht halte, dann ist es aus. STANDARD: SP-Quereinsteigerin Knoll wirft der ÖVP vor, nicht mehr christlich-sozial zu sein. Pühringer: Bei Predigten kann man nicht widersprechen, aber die Zeit des Predigens ist für Frau Doktor Knoll vorbei. Wir haben sozialpolitische Meilensteine gesetzt: Restitution, Familiengeld, Abfertigung für alle. Sozialpolitik ist Herzstück unserer Politik. Aber eine Sozialpolitik ist nur dann fair zu den Schwächeren, wenn sie ein ökonomisches Fundament hat. STANDARD: Es gibt aber auch höchste Abgabenquote, Unfallrentenbesteuerung, Ambulanzgebühr. Pühringer: Was wäre die Alternative zur Ambulanzgebühr? Eine Erhöhung der Sozialversicherungsabgaben. STANDARD: Rechnungshofpräsident Fiedler hat eine Verwaltungsreform urgiert. Sind zum Beispiel drei Landtagspräsidenten nötig? Pühringer: Über solche Dinge kann man immer reden. Das sind aber nicht die großen Einsparungen. Die liegen darin, dass nicht alles in jedem Detail geregelt wird, also: weniger Paragrafen, mehr Verantwortung für den Bürger. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2002)