Türkei hofft auf konkretes Datum für EU-Beitrittsverhandlungen
AKP-Chef Erdogan traf deutschen Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer in Berlin
Redaktion
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AKP-Chef Erdogan und der deutsche Außenminister Fischer in Berlin.
Berlin - Der Chef der türkischen Regierungspartei
AKP, Recep Tayyip Erdogan, erhofft sich vom EU-Gipfel am 12. Dezember
in Kopenhagen ein konkretes Datum für Beitrittsverhandlungen mit der
Türkei. Dies sei für sein Land von "außerordentlicher Bedeutung",
denn 80 Prozent der Bevölkerung seien für den EU-Beitritt, sagte er
am Dienstag in Berlin nach einem Gespräch mit dem deutschen
Außenminister Joschka Fischer (Grüne).
Fischer sagte, die deutsche Regierung habe sich immer wieder dafür
eingesetzt, die Türkei an die EU heranzuführen, und werde dies
weiterhin tun. Der EU-Außenministerrat habe sich aber noch nicht auf
ein Datum für Beitrittsverhandlungen verständigen können. Die EU sei
eine Wertegemeinschaft, und das gelte für alle Kandidaten wie auch
für die Mitgliedstaaten. Die Maßstäbe seien Demokratie, Herrschaft
des Rechts, Toleranz und die Rolle der Frauen. Auf dieser Grundlage
werde der Kopenhagener Gipfel zu entscheiden haben.
Zuvor hatte der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) der
Türkei einen Fahrplan für den Weg in die EU in Aussicht gestellt.
Wenn Ankara dafür die notwendigen Bedingungen erfülle, könne das Land
auf dem Kopenhagener EU-Gipfel mit einem "zusätzlichen Signal"
rechnen, das "diese enge Bindung auch bestätigen" werde, sagte der
Kanzler nach einem Gespräch mit Italiens Ministerpräsident Silvio
Berlusconi in Berlin.
Laut Schröder ist eine Voraussetzung für einen solchen Schritt
neben weiteren Reformen die Lösung der Zypern-Frage auf Grundlage des
Plans von UN-Generalsekretär Kofi Annan. Dieser sieht noch in diesem
Jahr eine Wiedervereinigung der geteilten Insel und spätestens bis
zum nächsten Frühjahr den EU-Beitritt Zyperns vor. Erdogan hatte
kürzlich erklärt, Zypern könne nur EU-Mitglied werden, wenn auch die
Türkei in die europäische Familie aufgenommen werde.
Die neue religiös-konservative Regierung will am 28. November ihr
Programm im Parlament vorstellen und sich einer Vertrauensfrage
stellen. Das wurde am Dienstag auf der ersten Sitzung des Kabinetts
beschlossen, teilte der stellvertretende Regierungschef Abdullatif
Sener mit. Nach seinen Angaben wurde erstmals eine Kabinettssitzung
mit Tonband aufgezeichnet. Die Regierung wolle damit ein Zeichen der
Transparenz setzen.
Die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) hatte die
vorgezogene Wahl am 3. November mit einem Erdrutschsieg gewonnen und
regiert als erste Partei seit 15 Jahren alleine. Sie stellt 363 der
550 Abgeordneten. Alle bis dahin im Parlament vertretenen Parteien
scheiterten an der Zehnprozenthürde. Von den etablierten Parteien
schaffte nur die sozialdemokratische Republikanische Volkspartei
(CHP) den Einzug ins Parlament, dem sie zuvor nicht angehörte.(APA/dpa/AP)
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