Wien - Unter dem Klimawandel leiden vor allem die
unterentwickelten Länder der Erde. Dies ist das Resümee, dass der
Wissenschafter Mahendra Shah vom Institut für angewandte
Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg, Helmut Hojesky vom
Landwirtschaftsministerium und Axel Wüstenhagen, Direktor des
Informationszentrums der Vereinten Nationen in Bonn, heute,
Donnerstag, bei einer Pressekonferenz in der Wiener UNO-City zogen. Shah warnte davor, sich nur auf das Problem des Klimawandels zu
konzentrieren und dabei den Hunger und die Armut zu vergessen. "Die
Hungernden verlieren die Geduld", warnte der Wissenschafter. Auf
Grund von Krankheiten, Hunger und Wasserknappheit, die durch den
Klimawandel entstünden, erwartet sich Shah einen Anstieg der
unterernährten Personen um weitere 175 Millionen von jetzt rund 700
Millionen.
Agrarlobby
In Ländern wie den USA und Frankreich sei die Agrarlobby eine der
mächtigsten überhaupt - obwohl sie lediglich drei Prozent der
Bevölkerung repräsentiere, so Shah. In den Schwellenländern seien
hingegen über Fünfzig Prozent in der Landwirtschaft beschäftigt und hätten
keine Stimme. "Wir müssen die Landwirtschaft als Entwicklungsfaktor
wahrnehmen", so der IIASA-Experte.
Wüstenhagen unterstrich die Bedeutung des Kyoto-Protokolls zur
Rückführung der Treibhausgasemission bis 2012 auf das Niveau von
1990. Ein großer Fortschritt sei nun die erstmalige Festschreibung
vergleichbarer Analysestandards. "Nur so können wir sicherstellen,
dass wir nicht von Kartoffeln und Karotten reden, sondern von
derselben Sache", so Wüstenhagen.
Optimistisch
Obgleich bisher 96 Staaten das Kyoto-Protokoll ratifiziert haben,
kann dieses noch nicht in Kraft treten. "Es sind dazu 55
unterzeichnende Staaten notwendig, die zusammen mindestens 55 Prozent
der weltweiten Emissionen verursachen", sagte Wüstenhagen. Momentan
verursachen die 96 "lediglich" 37 Prozent. Wenn im Frühjahr nächsten
Jahres Russland beitrete, sei man jedoch über der erforderlichen
Marke.
Der Experte verwies auf den heterogenen Aufbau der Unterzeichner.
Darunter seien Gruppen wie die Vereinigung kleiner Inselstaaten
(AOSIS), die durch den Klimawandel unmittelbar vom Untergang bedroht
seien, aber auch die OPEC-Staaten, die kein Interesse an einer
Reduzierung des Ölverbrauchs hätten. Wüstenhagen zeigte sich dennoch
optimistisch, dass die Menschheit ihre Haltung zum Klimaschutz und
den anderen Fragen der nachhaltigen Entwicklung überdenke: "Sie wird
dazu gezwungen werden".
"Kyoto ist ein kleiner Schritt - aber es ist der einzige, den wir
bisher haben", so Hojesky. Bis 2012 wolle man die Emissionen um 5,5
Prozent reduzieren - notwendig seien jedoch fünfzig Prozent. Der
Klimawandel werde kommen, und wir sei nicht zu verhindern, man könne
jedoch den Negativtrend verlangsamen. (APA)