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Wien – Videoüberwachung im öffentlichen Raum kann man von zwei Warten aus sehen: Als präventiven Beitrag zur Verbrechensbekämpfung oder als totale Überwachung à la George Orwells Roman "1984". Innenminister Ernst Strasser (VP) kündigte am Mittwochabend bei einer Veranstaltung mit Wiener Geschäftsleuten an, sich diese Frage "genau anzusehen".
"Wir sind hier nicht ,state of the art', was die gesetzlichen Regelungen betrifft", erwiderte Strasser auf eine Publikumsfrage. "Es geht dabei um den Zwiespalt zwischen Bürgerrechten und Polizeiarbeit, im Innenministerium werden derzeit die gesetzlichen Möglichkeiten überprüft", präzisierte der Minister.
Erste Empfehlungen
Frühestens in einem Monat sollen erste Empfehlungen der Beamten vorliegen, dann müsse eine "gesellschaftliche Diskussion" erfolgen, in welchem Ausmaß und in welcher Form die Überwachung durchgeführt werden soll. Im Oktober besuchte Strasser London, wo schon länger per Video kontrolliert wird.
Einer der Wiener Geschäftsleute bemängelte am Dienstagabend bei der Diskussionsveranstaltung zum Thema "Sicherheit und Wirtschaft" beispielsweise die Situation am Karlsplatz, wo er Geschäftsminderung durch herumlungernde Drogenkranke und Dealer vermutet.
Für Hans Zeger von der Datenschutzorganisation Arge Daten ist gerade dieses Beispiel ein denkbar schlechtes. "Videoüberwachung von kleinräumigen Delikten wie Drogenhandel ist sinnlos", ist sich Zeger sicher. "Die Dealer sind ja nicht dumm und würden einfach ausweichen. Um dennoch einen Erfolg der Überwachung präsentieren zu können, wird die Folge sein, dass unerwünschtes Verhalten wie Betteln verfolgt wird", prophezeit das Mitglied des Datenschutzrats.
Keine Regelungen
Grundsätzlich begrüßt Zeger den Plan, die Überwachung auf klare gesetzliche Grundlagen zu stellen. "Das Hauptproblem ist nämlich, dass diese Form sehr unpräzise ist. Neben etwaigen Verdächtigen werden Hunderte oder Tausende Unbeteiligte aufgenommen. Derzeit gibt es überhaupt keine Regelungen, wie lange diese Aufzeichnungen aufbewahrt werden dürfen", erzählt er.
Bei Kameras der Exekutive sieht Zeger allerdings das geringere Problem. "Bei Geschäften und Privatpersonen ist die Schwierigkeit viel größer." Aus seiner Sicht wäre es begrüßenswert, wenn eine behördliche Registrierung der Kameras vorgeschrieben wird. Denn wie ein Projekt der Künstlergruppe United Aliens zeigt, ist die Wiener Innenstadt schon jetzt mit 200 Kameras gespickt. (Michael Möseneder , DER STANDARD Printausgabe 22.11.2002)