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Brüssel, bitte kommen: IAA schaltet EU-Kommission bei Werbesteuern ein
Die Österreich-Sektion der International Advertising Association (IAA) hat Anfang der Woche einen Brief an die EU-Kommission in Brüssel geschickt, in dem die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens angeregt wird. Die heimischen Werbevertreter stützen sich auf ein Gutachten des Wiener Rechtsanwalts Michael Pilz, das die Werbesteuer im Widerspruch zum Europarecht sieht. Zugleich soll in Österreich ein Beschwerdverfahren beim Höchstgericht eingeleitet werden. IAA-Präsident Walter Holiczki sprach am Dienstag von einem "Zangenangriff gegen die Werbesteuer".
Im Rahmen der Werbesteuer werden Anzeigenabgabe für Werbung in Printmedien und Ankündigungsabgabe für elektronische Medien (TV- oder Radiospots) eingehoben. Die Anzeigenabgabe wird von den Ländern kassiert, die Ankündigungsabgabe von den Gemeinden. Die Steuersätze sind unterschiedlich und schwanken zwischen null und vierzig Prozent, der Durchschnitt liegt bei zehn Prozent. Das Abgabenvolumen beträgt rund zwei Milliarden Schilling jährlich. Eine bundesweite Regelung der gesamten Werbesteuer bei einem Satz von fünf Prozent ist vor dem Sommer an Meinungsverschiedenheiten unter den Ländern gescheitert.
Verletzung des Grundsatzes des Freien Warenverkehrs
Im "Brief nach Brüssel" weist Gutachter Pilz nun darauf hin, dass die Steuer eine Verletzung des Grundsatzes des Freien Warenverkehrs darstellt, da auf Medien, die im europäischen Ausland produziert und nach Österreich importiert werden, eine Abgabe erhoben wird, so bald diese in Österreich auf den Markt gebracht werden. Darüber hinaus wird ein Verstoß gegen Artikel 33 der sechsten Umsatzsteuerrichtlinie ins Treffen geführt. Dieser Vorwurf habe laut Pilz durch die jüngste Getränkesteuer-Entscheidung des Generalanwaltes beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Unterstützung erfahren. Die "Summenwirkung" der österreichischen Abgaben führe dazu, dass die einzelnen Abgaben, also auch die Werbesteuer, eine umsatzsteuergleiche Wirkung entfalten, die mit dem EU-Umsatzsteuerrecht unvereinbar sei, so der Anwalt.
Mit einer Antwort der EU-Kommission rechnet Pilz in drei bis vier Monaten. Es wird gehofft, dass die Kommission Österreich beim Europäischen Gerichtshof auf Unterlassung der Einhebung der Werbesteuer klagt.
"Reklamewert"
Gleichzeitig werde man den Versuch starten, die "Werbesteuer auch im Land auszuhebeln", meinte Zirkler. Ansatz dafür ist ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Demnach darf seit August zumindest bei der Ankündigungsabgabe jede Gemeinde Forderungen an die entsprechenden elektronischen Medien stellen - nach dem "Reklamewert" des Gemeindegebietes. Betroffen sind davon vor allem ORF und Privatradios, die zuletzt mit einer Flut von Forderungen konfrontiert waren. Kritik an dieser chaotischen Situation kam auch vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Die IAA sucht nun ein betroffenes Unternehmen für ein entsprechendes Musterverfahren.
Mit der Diktion "Reklamewert" seien Werber und Medien "de facto der Willkür jeder Gemeinde in Österreich ausgesetzt", so Holiczki. "Die Frage ist, wie hoch ist der Reklamewert in einem Medium. Er ist wesentlich niedriger als derzeit angenommen wird. Man kann das sicher nicht mit der Reichweite gleichsetzen. Werbung hat sicher nicht die hundertprozentigen Lese- und Sehwerte wie ein Medium." Auch der Weg über die heimischen Höchstgerichte soll nach Brüssel bzw. zum EuGH nach Luxemburg führen. "Mit dem Brief nach Brüssel wollen wir aber den Weg abkürzen, sonst sind wir gleich einmal im Jahr 2005", sagte Pilz. Den Medien empfiehlt die IAA in der Zwischenzeit, die Werbesteuer zwar einzuheben, aber auf einem Treuhandkonto einzubehalten und nicht an Gemeinden und Länder auszuzahlen. (APA)