Münster - Im Internet nannte sich der Mann aus Münster
"Principal". In der virtuellen Welt war er Gründer und Chef des
"Round Table". Dessen 31 Mitglieder kamen regelmäßig zusammen, um
Foto- und Videodateien auszutauschen. Dateien, auf denen sexuelle
Gewalthandlungen an Kindern und Jugendlichen gezeigt werden. Rund
1.000 Fotos und 190 Videosequenzen hatte alleine der "Principal" in
seiner Wohnung, als die Polizei ihn im November 2001 festnahm. Seit
zwei Wochen muss sich der 41 Jahre alte Mann vor dem Landgericht
Münster wegen der Verbreitung pornografischer Schriften verantworten. In Deutschland hat es laut Staatsanwaltschaft Münster bisher kaum
vergleichbare Fälle von Kinderpornografie im Internet gegeben. Ein
Computer-Spezialist des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden trat am
Montag in dem Prozess als Zeuge auf. Er bezeichnete die bei dem
Angeklagten gefundene Stückzahl kinderpornografischen Materials als
"unglaublich hoch". Die Dateien zeigten gravierende Fälle sexuellen
Missbrauchs.
Journalisten-Tipp
Auf die Spur des international agierenden Kinderporno-Ringes war
das BKA durch den Tipp eines österreichischen Journalisten gekommen,
der seit Jahren auf diesem Gebiet recherchiert hatte. Die wahre
Identität von "Principal" habe erst im Verlauf der Ermittlungen
festgestellt werden können, sagte der BKA-Experte am zweiten
Verhandlungstag vor der 1. Großen Strafkammer. "Der Angeklagte hat
sein hohes technisches Wissen genutzt, um seine Spuren zu
verwischen."
Als die Beamten des BKA und der Polizei Münster im November 2001
mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Wohnungstür des Verdächtigen
standen, lud dieser gerade eine Videodatei von einem Mitglied des
"Round Table" aus Spanien auf seinen Computer. Anhand des
sichergestellten Beweismaterials konnten in den folgenden Wochen die
Aufenthaltsorte der übrigen Mitglieder des Kinderporno-Ringes
ermittelt werden. Im März dieses Jahres wurden ihre Wohnungen in elf
Staaten in einer vom BKA koordinierten Aktion durchsucht.
Strafverfahren eingeleitet
Gegen alle Verdächtigen wurden nach Aussage des BKA-Beamten
Strafverfahren eingeleitet. Drei von ihnen, darunter ein Deutscher
aus Hamburg, hätten sich daraufhin das Leben genommen. Ein Amerikaner
sei in den USA zu 130 Jahren Haft verurteilt worden. Er soll für die
Herstellung von Videos seine Tochter missbraucht haben.
Der Angeklagte in dem Prozess vor dem Landgericht ist weitgehend
geständig. Er war bereits 1999 wegen der Verbreitung pornografischer
Schriften zu sechs Monaten Haft verurteilt worden, verstärkte aber
nach Verbüßung der Strafe seine kriminellen Aktivitäten. Das Urteil
wird für den 4. Dezember erwartet. (APA/dpa)