Wien - Angesagte Revolution in der Behandlung verengter
Herzkranzgefäße (Koronarstenose) durch mit Medikamenten beschichtete
Stents (Drahtgitterröhren), welche Rückfälle verhindern. Auf der
anderen Seite Wartezeiten für Patienten in Wien, Innsbruck und Graz,
speziell wenn es um Routine-Bypass-Operationen gibt. So stellten
Experten am Donnerstag die Situation aus Anlass eines Symposiums von
Kardiologen und Herzchirurgen in Wien dar.
Die gute Nachricht nach Lesart der Kardiologen: Die
Arzneimittel-abgebenden Stents, die als Gefäßstütze im Rahmen einer
Ballonaufdehnung verengter Herzkranzgefäße in die Koronararterien
eingefügt werden, scheinen sich durchzusetzen. Der deutsche
Spezialist Univ.-Prof. Dr. Eberhard Grube (Siegburg): "Diese mit
Medikamenten (zum Beispiel Rapamycin, Anm.) beschichteten Stents sind ein
großer Fortschritt. Variierte die Restenoserate (Rückfälle, Anm.)
früher zwischen zwanzig und fünfzig Prozent, wurde sie damit auf Null bis
weniger als zehn Prozent gesenkt."
Neuerliche Verengung
Für einige Zeit nach der Implantierung des aufklappbaren
Drahtgitterrohres gibt dieses das Arzneimittel ab, das eine
Wachstumshemmung in der Gefäßwand auslöst und so eine neuerliche
Verengung verhindern soll. Allerdings kritischer Einwurf des Chefs
der Klinischen Abteilung für Herz- und Thoraxchirurgie am Wiener AKH,
Univ.-Prof. Dr. Ernst Wolner: "Wer sagt, ob es da nicht statt nach
sechs Monaten, nach drei Jahren zu einer neuerlichen Verengung
kommt." Langzeitdaten gibt es noch nicht. Statt rund 800 Euro für
einen herkömmlichen kostet einer der neuen Stents rund 2.300 Euro.
Derzeit erhalten noch weniger als zehn Prozent der
Koronarpatienten mit Bedarf einer Ballon-Dilatation die neuesten
Stents. Dafür sind vor allem die Kostengründ ausschlaggebend. Der
Grazer Kardiologe Univ.-Prof. Dr. Werner Klein: "Wir haben in
Österreich bereits Empfehlungen herausgegeben, wann sie besonders
benutzt werden sollten. Wir glauben, dass rund dreißig Prozent der
Patienten damit versorgt werden sollten."
Schere zwischen Bedarf und Kapazität
Während die High-Tech in Kardiologie und Herzchirurgie immer
bessere Resultate erzielt, tut sich offenbar zumindest an den
österreichischen Universitätskliniken in Sachen Koronarchirurgie
(Bypass-Operationen, etc.) eine Schere zwischen Bedarf und Kapazität
auf. Es gibt zum Teil monatelange Wartezeiten.
Wolner: "Wir haben da im Wiener Raum ein echtes Problem. Wir haben
am AKH die ungefähr mögliche Kapazität von 1.200 bis 1.300
Operationen (Herzchirurgie, Anm.). Die Anmeldungen nehmen zu. Wir
haben aber auch eines der (weltweit, Anm.) größten
Lungen-Transplantations-Programme und noch immer ein beträchtliches
Herz-Transplantations-Programm. Hinzu kommen die Kunstherzen. Da gibt
es Wartezeiten bei den Normalfällen." Letzteres sind speziell
Patienten mit Bedarf für vergleichsweise einfache Bypass-Operationen.
Optimale Nutzung der Kapazitätsengpässe im AKH
Der Direktor der Teilunternehmung Wiener AK,
Univ.-Prof. Dr. Reinhart Krepler meinte, dass "am AKH die
vorhandenen Kapazitäten für wichtige herzchirurgische Leistungen
optimal genützt werden". Für den Betrieb eines dritten
herzchirurgischen Operationssaals wären unter anderem zwanzig neue
Dienstposten im Pflegebereich nötig, die wegen des Budgets und des
Nichtvorhandenseins spezialisierten Personals auf dem Arbeitsmarkt
nicht kurzfristig zu besetzen wären.
Wartezeit
Der Chef der Kardiologie an der Universitätsklinik Innsbruck,
Univ.-Prof. Dr. Otmar Pachinger bestätigte die selbe Situation für
seine Klinik: "Diese Situation gilt auch für unser universitäres
Zentrum in Innsbruck. Es gibt bei uns Wartezeiten für einen
Routine-Bypass von vier bis sechs Monaten."
Dazu Klein (Graz): "Dringende Fälle müssen bei uns bis zu vier
Wochen (auf eine Herzoperation, Anm.) warten." Patienten mit weniger
schwerwiegenden und per Chirurgie anzugehenden Herzproblemen rutschen
da "naturgemäß" auf der Warteliste nach unten.
Wachstumsfaktor für Herzkranzgefäße
Abgesehen von den bildgebenden Verfahren, die den Herzchirurgen
und Kardiologen immer bessere Einblicke in das Herz geben, geht der
Trend weiter in Richtung Vermeidung von offenen Eingriffen oder zur
minimal-invasiven Herzchirurgie. Univ.-Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla
(Jena): "Wir glauben, dass wir in Zukunft so weit sein werden, dass
wir neue Aortenklappen durch die Peripherie (ohne große Chirurgie,
Anm.) implantieren werden können."