Mensch
Gesichtsspende unerwünscht
Britischer Chirurg meint, Transplantation ist nicht Frage des Könnens, sondern des Wollens
Frankfurt/London - Die Vorstellung, nach dem Tod das
eigene Gesicht für eine Transplantation zu spenden, stößt offenbar
bei vielen Menschen auf Unverständnis. "Wir haben hundert Menschen
befragt, und obwohl einige sich vorstellen konnten, ein fremdes
Gesicht verpflanzt zu bekommen, war keiner bereit, sein Gesicht zu
spenden", sagte der britische Transplantations-Chirurg Peter Butler
der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Mediziner will im
nächsten Jahr erstmals das Gesicht eines Toten auf einen entstellten
Patienten übertragen und bemüht sich derzeit um eine entsprechende
Genehmigung. Der 40-jährige Arzt des Londoner Royal Free Hospitals glaubt, dass
die Vorbehalte gegen eine solche Operation in Zukunft abnehmen
werden. Wie alle Ideen, die anfänglich Abscheu hervorgerufen hätten,
werde sich das mit der Zeit ändern. "Als in den sechziger Jahren die
erste Niere transplantiert wurde, haben sich die Menschen auch davor
geekelt." Butler hatte in dieser Woche bereits betont, bei der
Gesichtstransplantation sei nicht die Frage, "ob wir es tun können,
sondern, ob wir es tun sollten". Technisch sei eine derartige
Verpflanzung auf jeden Fall möglich.
Nachfrage
"Wir haben verschiedene chirurgische Methoden ausgearbeitet",
betonte Butler. "Bei der ersten würden Haut, Fettgewebe, Blutgefäße,
Augenbrauen, Lider, die Nase, die Lippen und vielleicht die Ohren
verpflanzt." Dieses Verfahren würde vermutlich als erstes ausprobiert
werden. Erst danach soll dann versucht werden, ganze Knochenteile zu
verpflanzen. Nach Angaben Butlers haben bereits "ein oder zwei
Erwachsene, sowie zwei Elternpaare, die für ihre Kinder fragten", um
einen solchen Eingriff gebeten.
Die für das nächste Jahr geplante Operation erinnert an den
Hollywood-Film "Face Off" mit John Travolta und Nicolas Cage. Darin
bekommt ein Ermittler das Gesicht eines Kriminellen, damit er eine
Bande infiltrieren kann. Nach Angaben Butlers würden für die etwa
zehnstündige Operation nur Menschen in Frage kommen, die durch
Brandwunden, Unfälle oder Krebs schwer entstellt sind. Sie würden
nach der Transplantation nicht genauso aussehen wie der Spender, da
sich die Gesichtshaut und die Muskeln, Blutgefäße und Nerven den
jeweiligen Knochenstrukturen anpassen würden. (APA/dpa)