Nahost
Israelische Armee setzt Einsätze im Gaza-Streifen fort
Militäreinsatz in besetzten Gebieten - Mehrere Palästinenser getötet, Familienhäuser gesprengt - Großalarm in Jerusalem
Jerusalem/Gaza - Die israelische Armee hat
am Wochenende ihre Einsätze im Gaza-Streifen fortgesetzt und nach
palästinensischen Angaben mindestens zwei Palästinenser getötet. Acht
weitere wurden zum Teil schwer verletzt, als die Armee in der Nacht
zum Sonntag vorübergehend in den nördlichen Gaza-Streifen einrückte.
Ein Raketenangriff mit Kampfhubschraubern auf ein
Palästinenser-Fahrzeug schlug offenbar fehl. In Gaza erschossen
Soldaten am Samstag einen 16-jährigen Palästinenser. Im
Westjordanland wurden acht gesuchte Palästinenser festgenommen.´Wohnhäuser in die Luft gesprengt
Israelische Infanteristen drangen laut Augenzeugen mit mindestens 25
gepanzerten Fahrzeugen und unterstützt von zwei Kampfhubschraubern in
das Palästinenserdorf Beit Lahia vor. Augenzeugen berichteten von
Schusswechseln während der rund dreistündigen Belagerung. Ein
32-jähriger Palästinenser sei erschossen worden, als israelische
Soldaten drei Häuser unter ihre Kontrolle brachten, teilten
palästinensische Sicherheitskräfte mit. Die Soldaten hätten die
Wohnhäuser in die Luft gesprengt. Zwei der gesprengten Gebäude
gehörten laut Armee Aktivisten der extremistischen Hamas-Bewegung,
die bereits vor mehreren Monaten bei einem anti-israelischen Anschlag
ums Leben kamen.
Später berichteten palästinensische Ärzte, dass zudem die Leiche
eines 72-Jährigen in den Trümmern des dritten Hauses gefunden wurde.
Sein Sohn ist den Angaben zufolge Mitglied der radikalen
Palästinenser-Organisation Islamischer Dschihad und wird für die
Vorbereitung eines Selbstmordanschlags vor sechs Jahren in Tel Aviv
verantwortlich gemacht. Der alte Mann hatte offenbar den Aufruf zur
Räumung nicht gehört. Die israelische Armee hat bereits mehrfach
Häuser von palästinensischen Attentätern und militanten Extremisten
zerstört, um nach eigenen Angaben Palästinenser vor neuen Anschlägen
gegen Israelis abzuschrecken. Eines der am Sonntag gesprengten
Gebäude war allerdings ein dreistöckiges Mehrfamilienhaus.
Mehrere Gebäude eingenommen
Augenzeugen berichteten, von den Moscheen aus seien die Menschen
nach dem Einmarsch aufgerufen worden, sich am Kampf gegen die
einrückenden Soldaten zu beteiligen. Bewaffnete Palästinenser
beschossen die Armee bereits bei ihrem Einmarsch. Sie wurden von
unbewaffneten Palästinensern angefeuert. Die israelischen Truppen
nahmen wenig später mehrere hohe Gebäude ein und postierten
Scharfschützen auf den Dächern. In israelischen Militärkreisen hieß
es, die Soldaten hätten während des Einsatzes zur Selbstverteidigung
geschossen.
Junger Palästinenser an Grenzübergang erschossen
Wenige Stunden vor dem Einmarsch hatten israelische Soldaten am
Samstag einen jugendlichen Palästinenser an einem Grenzübergang des
Gaza-Streifens erschossen, wie aus Krankenhauskreisen verlautete. Der
Jugendliche wurde nach palästinensischen Krankenhausangaben in den
Rücken getroffen. Die Armee habe eine Untersuchung eingeleitet, hieß
es. Seit Beginn der zweiten Intifada im September 2000 wurden bisher
mehr als 2.700 Menschen getötet, darunter 2.006 Palästinenser und 678
Israelis. Hierzu hieß es aus israelischen Militärkreisen, die
Soldaten hätten Warnschüsse abgegeben, als sich eine Gruppe
Palästinenser dem Grenzzaun genähert habe.
Die Armee ist in den vergangenen Wochen und Monaten wiederholt in
Palästinenser-Gebiete im Gaza-Streifen und im Westjordanland
eingerückt. Die Einsätze dienen nach israelischer Darstellung der
Fahndung nach militanten Palästinensern, die für zahlreiche Anschläge
auf Israelis verantwortlich gemacht werden. Seit mehr als zwei Jahren
hält ein Aufstand der Palästinenser gegen die israelische
Besatzungsmacht an. Nach zwei Jahren Fahndung hatte die israelische
Armee am Wochenende mit Madschid el Masri einen Kommandanten der
palästinensischen El-Aksa-Brigaden gefasst, eines militanten Ablegers
der Fatah-Bewegung von Palästinenser-Präsident Yasser Arafat.
In Jerusalem verschärften die Behörden nach Hinweisen auf mögliche
Anschläge die Sicherheitsvorkehrungen. Polizei und Sicherheitskräfte
wurden am Sonntag in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Ein
Fußballspiel im Teddy-Kollek-Stadion wurde aus Angst vor einem
Anschlag laut Rundfunk abgesagt. Patrouillen wurden verstärkt und an
verschiedenen Punkten im arabisch dominierten Ostteil der Stadt
Straßensperren errichtet. Am Sonntag sollten mehrere
Arbeitnehmer-Demonstrationen in Jerusalem stattfinden.(APA/Reuters/dpa)